Vor hundert Jahren kam der Monumentalfilm "Der Mandarin", ein Filmspiel in vier Akten von Fritz Freißler, in die österreichischen Kinos. In dem Streifen geht es um den reichen Baron von Strom, der sich unglücklich in die schöne Schauspielerin von Gaalen verliebt. Von Strom verkraftet seine Zurückweisungen nur schwer und verfällt nach und nach dem Wahnsinn. Eine chinesische Tonfigur im Besitz von Stroms erwacht aber plötzlich zum Leben und bietet ihm an ihm alle Frauen gefügig zu machen. Schwarze Magie hat aber einen Preis und deshalb muss Baron von Strom seine Seele an den lebendig gewordenen tönernen Mandarin verkaufen. Viele Liebschaften später endet Baron von Strom im Wahn in der Irrenanstalt am Wiener Steinhof. Der Film wurde potentiellen Verleihern Anfang September 1918 vorgeführt und stieß dort auf große Begeisterung, was sich in der Presse wiederspiegelt. Die Neue Kino-Rundschau berichtete am 7. September 1918 über die Vorführung für Filmverleiher:
"Paul Frank, der bekannte Verfasser exotischer Romane, hat hier im Verein mit Fritz Freißler einen Sensationsfilm geschaffen, der mächtig die Phantasie aller Zuseher anregt. In einer erstaunlich spannenden Handlung wird uns die Leidensgeschichte eines armen Irren vorgeführt, der aus unglücklicher Liebe ein Opfer des Wahnsinns geworden ist. In der Darstellung reichen sich Burgschauspieler Harry Walden und Karl Goetz, Mitglied des Deutschen Volkstheaters, die Hände. Harry Walden, in seinem Fach der Beste an deutschen Bühnen, bereitet uns durch die kraftvolle Darstellung seiner Rolle einen künstlerischen Genuß, wie wir ihn selten sonst durch ein Filmwerk erhielten. Erschütternd spielt Walden den übervehementen Lebemann, den seine Leidenschaft der Irrenanstalt in die Arme wirft. Karl Goetz dagegen gibt in der Rolle des Mandarin einen Mephistopheles aus dem Reiche der Mitte. Sein eindrucksvolles Mienenspiel, unterstützt durch eine äußerst bizarre Maskierung, macht unser Herz erschaudern. Auch die anderen Rollen, durchwegs von Wiener Bühnengrößen dargestellt, heben in hervorragendem Maße den guten Gesamteindruck des Stückes. Ein Separatlob verdient auch die umsichtige Regie Fritz Freißlers, die besonders in dem Treiben in der Irrenanstalt Bilder aus der Wirklichkeit darstellt und so den überaus nachhaltigen Erfolg des Films nur vergrößert."
Der Film, eine aufwendige Produktion der Sascha-Film, war eine der letzten Filmproduktionen in der österreichisch-ungarischen Monarchie und kam am 22. November 1918, 10 Tage nach der Ausrufung der Republik, in die österreichischen Kinos.
Seit 1945 galt "Der Mandarin" als verschollen, doch vor einigen Jahren fand man im Nachlass eines italienischen Filmsammlers eine gut erhaltene Kopie. Zwischen 2002 und 2004 konnte das österreichische Filmmuseum gemeinsam mit dem US-amerikanischen George Eastman House den sensationellen Fund restaurieren und zur neuerlichen Vorführung bringen.
Links:
Der Mandarin. Drama in vier Akten (Neue Kino-Rundschau vom 7. September 1918)
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