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Von Tag zu Tag 1917 bis 1919

8. April 1918

Bach im Wald, zwischen 1895 und 1910
Bach im Wald, zwischen 1895 und 1910; © Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv

Der Allgemeine Tiroler Anzeiger beschäftigte sich am 8. April 1918 mit der Zukunft der Tiroler Waldwirtschaft: "Ein gut aufgeforsteter, mit Sachkenntnis gepflegter Wald bildet einen nicht zu unterschätzenden Teil des Volksvermögens. Der Tiroler Landwirt wußte seit jeher die Vorteile des Waldbesitzes richtig einzuschätzen, allein der Holzhandel nach auswärts blieb ihm mangels der nötigen Verkehrsmöglichkeiten versagt."

Allerdings lag der Tiroler Holzhandel vorwiegend in italienischen Händen: "Als die Brenner- und Pustertalerbahn dem Verkehr, übergeben wurden, rissen italienische Geschäftsfirmen den Holzhandel im südlichen und südöstlichen Teil, Tirols vollständig an sich. Versuche heimischer Leute, diesen Handel in eigener Regie in die Wege zu leiten, scheiterten an der großen Konkurrenz dieser welschen Firmen. Die Folge davon war, daß die Agenten dieser Handelshäuser – durchwegs Vollblutitaliener – in den Tälern am Eisack, an der Etsch, Rienz und an der Drau seßhafte Stellungen einnahmen und sich mit der Zeit daselbst und in den angrenzenden Seitentälern als 'Könige' der Wälder gebärdeten. Nach und nach wurden in wasserreichen Gegenden Grundstücke angekauft und daraus Sägemühlen erbaut. Als Holzfäller und Sägemeister wurden ausschließlich nur Reichsitaliener bestellt; die heimischen auf Taglohn angewiesenen Arbeitskräfte hatten dabei das Nachsehen. Und so rollten Jahrzehnte hindurch aus Tirols herrlichen Wäldern Millionenwerte nach Italien."

Da sich Österreich-Ungarn im Kriegszustand mit Italien befand, befasste sich der Allgemeine Tiroler Anzeiger mit einer Zukunft der Waldwirtschaft ohne italienischen Einfluss: "Daher muß die Frage in Erwägung gezogen werden, auf welche Art und Weise ohne die italienischen Holzagenten die noch so reich vorhandenen schlagbaren Waldbestände einer rationellen und gewinnbringenden Verwertung zugeführt werden können. Zwei Möglichkeiten stehen hier offen: Entweder die Gründung einer ausgedehnten Holzindustrie im Lande selbst oder die Umschau nach einem rentablen Absatzgebiet. Ersteres Unternehmen wäre entschieden vorzuziehen, da es in Tirol an natürlichen Hilfsquellen, namentlich an Wasserkräften, nicht mangelt und auch die Beschaffung des Betriebskapitales keinen sonderlichen Schwierigkeiten begegnen dürfte. Was aber die Suche nach einem Absatzgebiet anlangt, dürfte in erster Linie wohl nur das mit Tirol eng verbündete Deutsche Reich in Betracht kommen, das vermöge seiner großen Entwicklung aus allen Gebieten der Industrie ein solches Angebot sicher annehmen würde."

Auch heute noch ist der Wald ein wichtiger Lebens- und Arbeitsraum, knapp die Hälfte der Fläche Österreichs ist mit Wald bedeckt (rund vier Millionen Hektar), der dabei wichtige Funktionen erfüllt, u.a. als Nutz-, Schutz-, Wohlfahrts- und Erholungswald. Rund 300.000 Menschen leben in Österreich von der Wald- und Forstwirtschaft und erwirtschaften dabei etwa 4% (ca. 12 Mia. Euro) des österreichischen Bruttoinlandsprodukts.

Link:
Die Zukunft der Waldwirtschaft (Allgemeiner Tiroler Anzeiger vom 8. April 1918)

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