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Von Tag zu Tag 1917 bis 1919

8. Februar 1919

Frau mit Kind in Gößl am Grundlsee, um 1920
Frau mit Kind in Gößl am Grundlsee, um 1920; © Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv

Am 8. Februar 1919 trat ein neues Gesetz zum Schutz von Ziehkindern in Kraft. Bis dahin wurden Waisenkinder, Kinder von Obdachlosen oder Arbeitslosen bei fremden Familien untergebracht, die dafür finanziell entschädigt wurden. Hinsichtlich dieser Pflegeeltern bestanden aber so gut wie keine Regelungen, sodass es immer wieder dazu kam, dass Zieheltern, die nur an der finanziellen Entschädigung interessiert waren, die ihnen anvertrauten Kindern schlecht behandelten und sogar verhungern ließen. Die Illustrierte Kronen-Zeitung berichtete:

"Es handelt sich um die sogenannten Kostkinder, welche oft ein Ausbeutungsobjekt habgieriger Ziehmütter bilden. Sicherlich kam es oft genug vor, daß kinderlose Ehepaare aus uneigennütziger Liebe zu Kindern ein Kostkind in Pflege nahmen und sich diesbezüglich an die Direktionen der Waisenanstalten und an das städtische Jugendamt mit dem Ersuchen wendeten, ihnen ein Kind, 'am Liebsten ein Mädchen', als Pflege und Kostkind, zu überlassen. In der großen Mehrzahl der Fälle wurden aber die sogenannten magistratischen Kostkinder in Pflege genommen, weil die Zieheltern an ihnen verdienen wollten. Wenn man bedenkt, daß der Magistrat ein sehr geringes Kostgeld für diese Kinder zahlt, so kann man sich ungefähr vorstellen, was manche magistratische Kostkinder zu leiden hatten, wenn die Eltern aus gewinnsüchtigen Gründen solche Kinder in Pflege nehmen […] Die wichtigsten Bestimmungen dieses Gesetzes besagen: [...] Die mit der Aufsicht über die Pflege und Erziehung von Ziehkindern und unehelichen Kindern betrauten Personen sind den Pflegeparteien oder Eltern und deren Hausgenossen gegenüber berechtigt, die Wohnung der Pflegepartei oder Eltern und die zum Aufenthalte des Kindes bestimmten Räume sowie dieses selbst zu besichtigen und zu verlangen, daß ihnen über die Verhältnisse des Kindes, über dessen Unterbringung, Ernährung, Pflege und Erziehung wahrheitsgemäß Auskunft erteilt sowie daß das Kind ihnen oder einem von ihnen zu bezeichnenden Arzt, allenfalls auf dessen Verlangen regelmäßig, vorgeführt werde […] Wer die ihm auferlegten Pflichten verletzt; wer die ihm vorgeschriebenen Anzeigen unterläßt oder bei diesen Anzeigen oder bei den Auskünften an die Aufsichtspersonen wissentlich unrichtige Angaben macht wird, sofern darin nicht eine nach dem Strafgesetze zu ahnende Straftat gelegen ist, wegen Uebertretung durch die politischen Behörden mit Geldstrafen bis zu 1000 K oder mit Arrest bis zu einem Monat bestraft."

Link:
Der Schutz von Ziehkindern und unehelichen Kindern (Illustrierte Kronen-Zeitung vom 9. Februar 1919)

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