Der am Montag dem 7. Oktober 1918 in Wien ausgebrochene Straßenbahnerstreik verschärfte sich am 8. Oktober. Die um eine Lohnerhöhung und bessere Lebensmittel- sowie Kleiderrationen kämpfenden Straßenbahner wurden auch von Passanten unterstützt, wie das Neue Wiener Tagblatt berichtete. Der Streik breitete sich auf zahlreiche Straßenbahnremisen aus, darunter diejenigen in Hernals, Ottakring, Breitensee, in der Brigittenau sowie in Grinzing und Floridsdorf aus, wobei sich das Zentrum des Streiks in der Werkstätte Rudolfsheim in der äußeren Mariahilferstraße befand. Dort rückte sogar Militär ein, um die 400 streikenden Rudolfsheimer Straßenbahnerinnen und Straßenbahner zur Wiederaufnahme der Arbeit zu zwingen (kriegsbedingt waren bei Wiener Straßenbahnen deutlich mehr Frauen als Männer beschäftigt):
"Die Streikbewegung breitet sich im allgemeinen ruhig aus. Doch kam es leider stellenweise, so zum Beispiel in der Brigittenau und auch in Favoriten, mehrmals zu Straßenexzessen. Auf der Klosterneuburgerstraße wollte ein 5er Wagen ausfahren. Streikende hielten ihn auf der Strecke auf, und fanden Unterstützung bei dem Publikum der Straße. Der Streit endigte damit, daß die Fahrgäste ausstiegen und der Wagen eingezogen wurde. Auch in Meidling kam es zu stürmischen Szenen. Dort wurde, wie uns berichtet wird, einem Motorführer die Kurbel weggenommen. Die Wache, die zu Fuß und zu Pferd in großer Zahl ausgerückt war, schritt ein und nahm Verhaftungen vor."
Die Situation beruhigte sich erst als sich der Wiener Bürgermeister Weiskirchner im Laufe des Tages zu Verhandlungen mit den Streikenden bereit erklärte.
Link:
Der Ausstand der Straßenbahner (Neues Wiener Tagblatt vom 8. Oktober 1918)
Heute vor 100 Jahren: Die Tramwaynot (3. August 1918)