Am 8. September 1918 erschien in der Wiener Zeitung im Feuilleton ein ausführlicher Text über die "Bucklige Welt" im südöstlichen Niederösterreich. Von Wiener Neustadt wanderte der Autor in Richtung Lanzenkirchen, wo sich das Schloss Frohsdorf befindet, das 1844 in bourbonischen Besitz gelangte. 1918, so der Autor, war dort der "Herzog von Madrid" zuhause: "Im Sommer 1916 war an dessen Eingang eine Kundgebung angeschlagen, die die Parteinahme des Schloßherrn für die Sache der Mittelmächte aussprach."
Die Wanderung führte den Feuilletonisten weiter nach Süden, vorbei am "Schleinzer Kreuz". Dieser steinerne Bildstock mit vorgebauter Kapelle wurde 1800 von Graf Hoyos, dem damaligen Eigentümer von Schloss Frohsdorf, errichtet und im Jahr 2000 originaltgetreu renoviert. Entlang des Weges weiter gegen Osten stieß der Feuilletonist der Wiener Zeitung auf eine Siedlung der Volksgruppe der Roma:
"Auf den Wiesen, die sich rechts zur Leitha senken, haben Zigeuner ihr Lager aufgeschlagen, ein in diesen Gegenden, die ja hart an der ungarischen Grenze liegen, nicht seltener Anblick. An diesem Völkchen scheinen auch die ungeheuersten Ereignisse der Weltgeschichte spurlos abzugleiten, es stellt sich uns heute noch so dar, wie wir es in unserer Kinderzeit sahen, wie es in den Geschichten der romantischen Periode geschildert wird, der junge Goethe in einem flüchtigen Bild seines 'Götz' gezeichnet hat: man fühlt sich versucht, ihnen zuzurufen: Lebet! Es lebten wie ihr des Geschlechts urälteste Väter – ! Läßt man sich aber mit ihm in ein Gespräch ein, so erfährt man freilich, daß er nicht mehr ganz so lebt: seine jüngeren männlichen Angehörigen stehen auch im Felde, auch sie stehen unter der Herrschaft der Brotkarte und der übrigen Gesetze der neuen Kriegswirtschaft."
Die Wanderung endete in Bad Sauerbrunn, dem 1901 die Bezeichnung Kurbad verliehen wurde. Heute wird in der Kurstadt das Heilwasser mit dem höchsten Magnesiumgehalt Österreichs gewonnen: "Durch Laubwald von fast südlichem Gepräge zwischen echten Kastanien und Obstbäumen, Weingärten und zuletzt zwischen Wiesen und Ackerland gelangt man in den ungarischen Kurort Sauerbrunn, von wo einen die Bahn in einer kurzen Fahrt nach Wiener-Neustadt zurückführt."
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der größte Teil Westungarns unter der Bezeichnung Burgenland österreichisch, so auch Sauerbrunn. Da die Stadt Sopron (Ödenburg), die nach dem Ersten Weltkrieg als Hauptstadt des Burgenlands vorgesehen war, 1921 an Ungarn abgetreten werden musste, war Sauerbrunn 4 Jahre lang provisorischer Sitz der burgenländischen Landesregierung.
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Wanderung durch die "Bucklige Welt" (Wiener Zeitung vom 8. September 1918)