Heute vor hundert Jahren berichtete die Neue Zeitung von den Einschränkungen bei Kuraufenthalten und Sommerfrischen aufgrund der Lebensmittelknappheit. Da das Amt für Volksernährung nur noch wenige Kurorte ausreichend mit Lebensmitteln versorgen konnte, wurden einschränkende Regelungen für Kurgäste aufgestellt:
"Die herrschende Lebensmittelknappheit zwingt das Amt für Volksernährung von der Einleitung einer Allgemeinen Aktion zur Versorgung der Kurgäste ärmlicher Heilbäder, Kurorte und Sommerfrischen Abstand zu nehmen und sich darauf zu beschränken, bestimmte Heilbäder, die mit Rücksicht auf die Heilkraft ihrer Quellen von ganz besonderer Bedeutung sind, mit den unumgänglich notwendigen Lebensmitteln, und zwar mit Mehl, Fett, Zucker und Kriegskaffeemischung, zu beliefern. […] Die Lebensmittel, die diesen Orten zur Verfügung gestellt werden können, sind nur in sehr beschränktem Ausmaße vorhanden, daher muß der Kreis der Personen, deren Verpflegung den Heilbädern obliegen wird, möglichst eng gezogen werden. Dementsprechend haben nur folgende Personen einen bevorzugten Anspruch auf Verpflegung: Kranke, die mit einem ärztlichen, vom Amtsarzt ihres ständigen Wohnsitzes bestätigten Zeugnisse nachweisen, daß sie die Kur im Interesse ihrer Gesundheit unbedingt benötigen: Begleitpersonen von kranken Kurgästen – hierbei kann jedoch jedem Kurgast nur eine Begleitperson und auch diese nur dann bewilligt werden, wenn es der Zustand des Kranken erfordert und dieser Umstand durch den Amtsarzt seines ständigen Wohnsitzes bestätigt ist – und Saisonangestellte (Geschäftsleute Dienstpersonal und dergleichen). […] Alle Personen, die in diesem Jahre einen Sommeraufenthalt zu nehmen beabsichtigen, tun dies auf eigene Gefahr. Die Verpflegung von Personen, die Kurorte und Sommerfrischen aufsuchen, wird daher in der Regel nur in der Weise erfolgen können, daß sie in ihrem ständigen Wohnsitze rayoniert bleiben und sich die Lebensmittel nachsenden lassen. Damit diese Nachsendung möglichst glatt und rasch vor sich geht, werden die Eisenbahnverwaltungen nach Tunlichkeit für eine bevorzugte Beförderung dieser Lebensmittel, wo es angeht, nach den Grundsätzen der Expresszusendungen Sorge tragen."
Um das sogenannte Hamstern (siehe auch die Geschichte vom 27. Oktober 1917) unter den Gästen zu vermeiden, war es den Landesbehörden erlaubt vor der Abreise eine Revision des Gepäcks vorzunehmen. Ein Sommerurlaub oder Kuraufenthalt war also nur noch unter bestimmten Voraussetzungen durchführbar.
Links:
Besuch der Heilbäder, Kurorte u. Sommerfrischen (Die Neue Zeitung vom 9. April 1918)
Weiterlesen: Der Surrogat der Sommerfrische