Am 9. Jänner 1919 kündigte Das interessante Blatt den Kinostart von Otto Kreislers neuestem Film an:
"Von der Filmgesellschaft 'Helios' gelangt in der nächsten Zeit ein Film zur Ausgabe, der geeignet ist, die Kenntnis der klassischen Dichtkunst Oesterreichs in die weitesten Kreise des Kinopublikums zu tragen. Grillparzers Tragödie 'Die Jüdin von Toledo' in eine Reihe lebender Bilder aufgelöst, wird die reiche schöpferische Phantasie des größten österreichischen Dichters auch jenen Volksschichten nahebringen, die bisher keine Verbindung mit ihm hatten. Ein lobenswerter Versuch, erzieherisch auf die Massen zu wirken. Die Hauptrollen König Alfons und Rachel wurden von Franz Höbling und Thea Roseaquist dargestellt. Die Inszenierung und Regie besorgte Otto Kreisler, der Direktor der Gesellschaft."
"Die Jüdin von Toledo" debütierte im Februar 1919 in den österreichischen Kinos. Heute ist dieser Stummfilm nur mehr fragmentarischen erhalten und wurde anlässlich des Viennale Filmfestivals im November 2016 mit musikalischer Begleitung nach fast einem Jahrhundert wieder zur Aufführung gebracht.
Der Schauspieler, Regisseur und Produzent Otto Kreisler inszenierte seinen ersten Film im Winter 1917/18 nach Henrik Ibsens Theaterstück "Die Gespenster". 1919 gründete er seine eigene Produktionsfirma "Helios", die mit dem Film "Die Jüdin von Toledo" einen erfolgreichen Markteintritt feierte. Im Laufe seiner Karriere verfilmte Kreisler zahlreiche Biografien, darunter solche von Theodor Herzl, Wolfgang Amadeus Mozart, vom bayerischen König Ludwig II oder Johann Strauß. Wegen seiner jüdischen Herkunft musste er – so wie seine Lieblingsdarstellerin Thea Rosenquist – vor der nationalsozialistischen Verfolgung flüchten. Otto Kreisler verstarb 1970 in London.
Links:
Grillparzer im Film (Das interessante Blatt vom 9. Jänner 1919)
Heute vor 100 Jahren: Das Zentrum der Wiener Filmindustrie (13. Oktober 1918)
Heute vor 100 Jahren: Thea Rosenquist (27. September 2017)
Weiterlesen: Franz Höbling (Biografie)
Weiterlesen: Die Jüdin von Toledo anlässlich der Viennale 2018