"Den in der letzten Zeit wiederholt vorgekommenen, ebenso aufsehenerregenden als bedauerlichen Irrsinnsfällen auf offener Straße hat sich am Pfingstsonntag abermals ein derartiges Vorkommnis zugesellt, bei dem, gleichwie kürzlich im Schönbrunner Tiergarten und kurze Zeit danach vor dem Liebenberg-Denkmal am Ring, wieder ein geisteskrank gewordener Soldat die traurige Hauptrolle spielte."
Dies berichtete das Neuigkeits-Welt-Blatt am 22. Mai 1918 und nahm dabei Bezug auf ähnliche Vorfälle in den Tagen zuvor: Im Schönbrunner Tiergarten hatte ein Soldat aus einer Pistole auf einen Eisbär geschossen und bei dem Vorfall an der Wiener Ringstraße hatte ein Landsturmjäger das Liebenbergdenkmal gegenüber der Universität erklettert, um mit den Worten "Du Hund! Du Italiener" auf das Bildnis Liebenbergs einzustechen.
Der Vorfall, über den am 22. Mai berichtet 1918 wurde, spielte sich in der Nähe des Wiener Westbahnhofs ab: "An dem bezeichneten Tag abends bemerkten Leute, die auf dem Mariahilfergürtel im 15. Wiener Bezirk bei der Pfarrkirche Maria vom Siege vorbeigingen, auf einem Vorsprung der Kirche in etwa 10 Meter Höhe einen fast völlig entkleideten Mann, der an den Zierraten herumkletterte und jeden Augenblick in die Tiefe zu stürzen drohte." Passanten riefen daraufhin die Feuerwehr, die den 22-jährigen Infanteristen Franz Czerny, wohnhaft in der nahegelegenen Goldschlagstraße, von der Kirchenmauer herabholten.
In allen 3 Fällen wurde eine Geistesstörung angenommen und die betreffende Person in ein Garnisonsspital eingeliefert, so auch Franz Czerny, der in das Garnisonsspital Nummer 1 in der Van-Swieten-Gasse eingeliefert wurde (heute Teil der Wiener Medizinischen Universität).
Links:
Der Irrsinnige auf dem Kirchturm (Neuigkeits-Welt-Blatt vom 22. Mai 1918)
Ein Irrsinniger auf dem Liebenbergdenkmal (Fremden-Blatt vom 15. Mai 1918)
Heute vor 100 Jahren: Der verletzte Eisbär (11. Mai 1918)
"Vor einigen Tagen wurde in Irschen bei Oberdrauburg der älteste Kärntner, der am 23. April 1816 daselbst geborene und somit im 103. Lebensjahr stehende Kleinhäusler Georg Egger, zu Grabe getragen" berichtete das Neuigkeits-Welt-Blatt am 23. Mai 1918. Egger, genannt der "alte Rennweger", soll ein passionierter Jäger gewesen sein und seine Jagderlebnisse auf "Jägerlatein" gerne und auf humorvolle Art und Weise erzählt haben, was ihm eine gewisse Popularität weit über seine Heimatgemeinde hinaus einbrachte. Im Jahr 1900 brannte sein Haus völlig ab: "Seither lebte er als 'Auszügler' in dem Haus, das ein anderer an der Stelle seines früheren Besitzes erbaut hat."
Allerdings ist der "alte Rennweger" heute nicht mehr der altersmäßige Rekordhalter in Kärnten, denn der 1906 geborene Albin Pichler, auch als "Golmitzervater" bekannt, wurde 107 Jahre alt. Bis heute haben aber Frauen eine höhere Lebenserwartung, sodass die mittlerweile 110 Jahre alte und heute in Deutschland lebende gebürtige Villacherin Helga Doerk die älteste lebende Kärntnerin ist.
Links:
Der älteste Kärntner (Neuigkeits-Welt-Blatt vom 23. Mai 1918)
Weiterlesen: List of Austrian supercentenarians
1918 hätte sich der in der idyllischen Hügellandschaft entlang der südsteirischen Weinstraße gelegene Ort Ehrenhausen in einen mondänen Luftkurort für Lungenkranke nach Vorbildern in der Schweiz oder im südtirolerischen Meran entwickeln können. Das Grazer Tagblatt berichtete am 24. Mai 1918 über das Scheitern dieses Plans:
"Wie seinerzeit berichtet wurde, sollte aus dem Erbe nach Erzbischof Dr. Kohn das Schloß Ehrenhausen durch Kauf in den Besitz der Gesellschaft zur Bekämpfung der Tuberkulose in der Steiermark übergehen, die dort eine Heilstätte errichten wollte. Gegen diese Widmung des Gutes machte sich in der Marktgemeinde Ehrenhausen eine Strömung bemerkbar, weil man dort fürchtete, daß die Errichtung einer solchen Heilstätte einen Nachteil für die heimische Bevölkerung bedeuten könnte."
Das aus dem 12. Jahrhundert stammende Schloss nahe zur Grenze der heutigen Republik Slowenien gehörte zwischenzeitlich der Adelsfamilie Eggenberg und wurde um 1904 vom Olmützer Erzbischof Theodor Kohn erworben, der sich nach zahlreichen Konflikten – er war jüdischer Abstammung und deshalb immer wieder Opfer von unterschwelligem Antisemitismus – nach Ehrenhausen zurückzog. Kohn starb 1915 und wurde im Mausoleum des Schlosses Ehrenhausen bestattet.
Da der Plan eine Lungenheilanstalt im Schloss unterzubringen scheiterte, blieb das Schloss in Privatbesitz und wurde 1918 von der aus Mähren stammenden Familie Haberhauer erworben. Seit 1982 ist Schloss Ehrenhausen im Besitz der Familie Csicsáky.
Links:
Das Schloß Ehrenhausen keine Lungenheilanstalt (Grazer Tagblatt vom 24. Mai 1918)
Weiterlesen: Blauer Heinrich – Zur Geschichte der Tuberkulose um 1900
Seit 1905 leitete der Wiener Geschäftsmann Ernst Goldenweiser die Wiener und dann Budapester Direktion der französischen Filmproduzenten Pathé Frères. 1907 gründete er den ersten Filmverleih in Wien und 1917 übernahm er die Repräsentanz der im Wiener "Filmviertel" gelegene Niederlassung der Budapester "Star-Filmfabriks- und Filmvertriebs-Aktiengesellschaft" in der Neubaugasse 25.
Die "Star" entstand während der ersten Weltkriegsjahre in Budapest und wurde rasch einer der größten Filmproduzenten der Monarchie. 1918 erregte der von ihr produzierte Film "Bist du es, lachendes Glück?" nach Franz Lehars Operette "Der Graf von Luxemburg" großes Aufsehen. Nicht nur die opulenten Dekorationen fielen auf, sondern auch Franz Lehar, der sich in dem Film selbst spielte und daran offenbar große Freude hatte, wie aus einer in der Neuen Kino-Rundschau am 25. Mai 1918 abgedruckten handschriftlichen Widmung Lehars hervorgeht: "Der erste Verbündete bei der Allianz der Operette mit dem Film. Meinem ersten Kino Manager Herrn Direktor Goldenweiser von der 'Star' Filmfabrik herzlich gewidmet! Lehár. Wien, im Mai 1918."
Die Neue Freie Presse berichtete im Oktober 1918 in einem längeren Artikel über die Erfolge der "Star Filmfabrik" und schrieb wenige Wochen vor dem Zerfall der Monarchie: "Oesterreichisch-ungarische Rührigkeit und Großzügigkeit feiern ihre Triumphe. Es kommt eben nur darauf an, daß die richtigen Männer auf den richtigen Platz gestellt werden."
Nach dem Krieg blieb Goldenweiser ein erfolgreicher Geschäftsmann und betrieb in der Wiener Neubaugasse 30 unter seinem eigenen Namen einen Filmvertrieb insbesondere wieder für die französische "Pathé", die er in den als "Sukzessionsstaaten" bezeichneten Nachfolgestaaten der österreichisch-ungarischen Monarchie vertrat. Das in der Schikanedergasse in der Nähe des Theater an der Wien lebende Ehepaar Goldenweiser nahm auch rege am gesellschaftlichen Leben teil und nannte sogar ein Automobil mit dem Kennzeichen "A IV 730" ihr eigen, wie aus dem Österreichischen Touring Buch des Jahres 1924 hervorgeht.
Links:
Die erste Weltattraktion der "Star" Filmfabrik und Filmvertrieb A.-G. ist der Lehar-Film (Neue Kino-Rundschau vom 25. Mai 1918, Seiten 43 bis 46)
Aufschwung der heimischen Filmindustrie. Star Filmfabrik und Filmvertrieb A.-G. in Budapest (Neue Freie Presse vom 13. Oktober 1918)
Heute vor 100 Jahren: Das Filmviertel in Wien (17. November 1917)
"Es darf wohl als ein Beweis der Vorliebe unseres Kaisers für den Automobilismus gelten, daß sich die Hofverwaltung entschlossen hat. eine Zentralstelle für die Verwaltung der Automobile des Kaisers zu schaffen. Es ist das 'Autoreferat des k.u.k. Oberst-Stallmeister-Amtes Sr. Majestät des Kaisers und Königs'. Mit der Würde eines Autoreferenten wurde ein im österreichischen Automobilismus wohlbekannter Automobilsportsmann, der auch auf dem Gebiete des Flugwesens nützliche Arbeit geleistet hat, Graf Heinrich Schönfeldt, betraut" berichtete stolz am 26. Mai 1918 die Allgemeine Automobil-Zeitung.
Tatsächlich handelte es sich bei dem im niederösterreichischen Scheibbs zur Welt gekommenen Heinrich Schönfeldt um eine Persönlichkeit, die Innovationen insbesondere im Automobilsektor offen gegenüberstand. Nach Absolvierung des Gymnasiums in Villach und der Kadettenschule in Mährisch-Weißkirchen (heute Hranice in der Tschechischen Republik) erwarb er als einer der ersten Österreicher den Führerschein, fuhr zahlreiche Automobilrennen und besaß bereits 1905 sein eigenes Kraftfahrzeug. Schönfeld arbeitete für Daimler in Wiener Neustadt als Konstrukteur und führte in dieser Funktion Kaiser Franz Josef bei einem Manöver in Teschen im Jahr 1906 den von Daimler konstruierten ersten Panzerwagen der Welt vor. Der Motor des Wagens war allerdings laut und erschrak ein Pferd, das seinen Reiter abwarf, worauf Kaiser Franz Josef auf eine Serienproduktion des Panzers für die k.u.k. Armee verzichtete.
Am kaiserlichen Hof übernahm Schönfeld, der zuvor als Flieger an der Front in Kärnten und als Kraftfahrer in Albanien gedient hatte, "die gesamte technische Leitung und Aufsicht über die Hof-Automobilverwaltung."
So wie Schönfeld, war auch Kaiser Karl für seine Vorliebe für Automobile bekannt, die sogar noch bei einer seiner letzten Amtshandlungen eine kleine Nebenrolle spielte: Am 1. November 1918 begnadigte er Friedrich Adler, der wegen des Attentats auf den seinerzeitigen Ministerpräsidenten Karl Stürkgh eine 18-jährige Haftstrafe in der Strafanstalt Krems-Stein verbüßte, und ließ ihn mit einem seiner persönlichen Automobile nach Wien fahren.
Link:
Ein Hof-Autoreferat. Graf Heinrich Schönfeld Autoreferent des Hofes (Allgemeine Automobil-Zeitung vom 26. Mai 1918)
Die Salzburger Chronik suchte am 27. Mai 1918 nach dem Eigentümer eines Fahrrads der Marke "Panzer", das an einem Hasenstall angelehnt im Garten des Hauses eines gewissen Poneschitzky in der Ignaz Harrerstraße 15 aufgefunden und der Polizei übergeben worden war: "Der Eigentümer kann dasselbe bei der Polizei beheben."
Räder der Marke "Panzer" wurden in Hamburg im Unternehmen von Hermann Prenzlau hergestellt und hatten zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Besonderheit einen doppelt (also an der Vorder- und Hinterseite) gefederten Ledersattel sowie eine dreieckige lederne Werkzeugtasche, die unterhalb des Sattels sowohl am Sitz- als auch am Oberrohr befestigt war. Aufgrund der Rahmennummer handelte es sich bei dem in Salzburg aufgefundenen Fahrrad um ein Modell, das knapp nach 1900 gebaut wurde und um die 100 Kronen wert war (heute EUR 550,-), was damals immerhin den Monatslohn eines Angestellten bedeutete. Trotz des aus heutiger Sicht vergleichsweise hohen Preises blieben Fahrräder Anfang des 20. Jahrhunderts für weniger Wohlhabende noch im erschwinglichen Bereich und waren entsprechend beliebt.
Günstiger als importierte Zweiräder waren allerdings solche aus heimischer Produktion: Zentrum der österreichischen Fahrradproduktion war damals die Steiermark, wo Mathias Allmer 1884 mit der Fahrradproduktion begann und 1888 die "Erste steiermärkische Velocipede-Fabrikation" gründete. Ab 1889 übernahm aber Janez Puh aus Pettau, dem heutigen Ptuj in Slowenien, unter seinem ans Deutsche angepassten Namen Johann Puch die führende Rolle in der steirischen Fahrradindustrie.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und einigen Fusionen entstand die Steyr-Daimler-Puch Aktiengesellschaft, die nach fast 100 erfolgreichen Jahren die Fahrradproduktion 1987 einstellte. Heute konzentriert sich das Unternehmen hauptsächlich auf die Entwicklung von Antriebstechniken für Kraftfahrzeuge. An Johann Puch erinnert heute unter anderem ein nach ihm benannter Förderpreis.
Links:
Wem gehört das Fahrrad? (Salzburger Chronik vom 27. Mai 1918)
Weiterlesen: Fahrräder made in Styria
Heute vor 100 Jahren: Das Militärfahrrad (2. November 1917)
Aufgrund der schwierigen Versorgungslage machte während des Krieges das Wort "Hamstern" die Runde. "Hamstern" war generell negativ besetzt, wie auch der Vorarlberger Volksfreund am 28. Mai 1918 ausführte: "Unter dem verpönten Hamstern versteht man gemeinhin das Ansammeln von Vorräten in einem solchen Maße, daß ein einzelner, eben der Hamsterer, sich auf Kosten der Anderen Vorräte aneignet, um die die Allgemeinheit dann zu kurz kommt."
Der ursprünglich negativ besetzte begriff wandelte sich aber gegen Kriegsende insbesondere in den größeren Städten im Westen der Monarchie, wo die Versorgungslage katastrophal war. "Hamstern" wurde dort zu einem allgemein akzeptierten Phänomen als zahlreiche Städter aufs Land fuhren, um bei den Bauern Gemüse, Obst, Eier und Fleisch gegen Wertsachen einzutauschen. Der Vorarlberger Volksfreund: "Wenn wir aufrichtig sind, wird es wohl wenige geben, die sich von der Schuld des Hamsterns freisprechen können; geschieht es im Kleinen, so ist es noch verzeihlicher; wird es aber im Großen und rücksichtslos betrieben, so artet es zur Gemeinheit aus, die auch rücksichtslos bekämpft werden muß, und außerdem sollten derartige Hamsterer der allgemeinen Verachtung preisgegeben werden."
"Hamstern" war vor allem in der österreichischen Hälfte der Doppelmonarchie zum Problem geworden, während die Versorgungslage im agrarisch geprägten Ungarn wesentlich besser war. Dies führte zu politischen Konflikten, da die ungarische Regierung Exporte in die österreichische Reichshälfte regelmäßig drosselte. Die einfachen Bewohner der Grenzregion, insbesondere solche aus Wien, die es mit der Pressburger Bahn nicht weit nach Ungarn hatten, versuchten deshalb Lebensmittel aus Ungarn in den Westen zu schmuggeln, wobei sie Zollkontrollen riskierten, die zur Konfiszierung der eingetauschten Lebensmittel führen konnten.
Links:
Vom Hamstern (Vorarlberger Volksfreund vom 28. Mai 1918)
Heute vor 100 Jahren: Ein besonders kurioser Fall von Lebensmittelschmuggel (27. Oktober 1917)
Am 29. Mai 1918 berichtete das Grazer Tagblatt über die Gemeinderatssitzung tags zuvor: "GR Wiedner beantragt, den neuen Weg auf den Schloßberg 'Kriegssteig' zu benennen."
Die bis heute offiziell "Kriegssteig" benannte Stiegenflucht führt entlang einer fast senkrechten Wand des Grazer Schloßbergs vom Stadtzentrum direkt hinauf zum Wahrzeichen der Stadt Graz, dem Grazer Uhrturm. Zwischen 1914 und 1918 wurde die Anlage von Pionieren der k.u.k. Armee gemeinsam mit russischen Kriegsgefangenen errichtet, weswegen der Steig auch als "Russensteig" bezeichnet wird. Für die Namensgebung des noch unbenannten Steigs schlug der Handelsgärtner und Grazer Gemeinderatsabgeordnete der "Nationalen mittelständischen, christlichsozialen Bürgerpartei" Johann Wiedner Ende Mai 1918 die martialische Bezeichnung "Kriegssteig" vor, die im Grazer Gemeinderat auf Zustimmung stieß.
Mehrere Initiativen seit Mitte der 1980er Jahre, darunter auch solche der österreichischen Friedensbewegung oder des Bezirksrats der Grazer Inneren Stadt, eine offizielle Umbennenung in "Friedenssteig" durchzusetzen, blieben bis heute erfolglos. Mittlerweile ist aber auch die inoffizielle Bezeichnung als "Schloßbergsteig" weit verbreitet.
Link:
Grazer Gemeinderat (Grazer Tagblatt vom 29. Mai 1918)
Am 30. Mai 1918 berichtete das Neuigkeits-Welt-Blatt vom Verkauf der im Eigentum von Johann von Liechtenstein stehenden Burg Greifenstein an den Wiener Großindustriellen Hugo Kostenitz. Die erstmals 1135 urkundlich erwähnte Wehrburg oberhalb von St. Andrä-Wördern nördlich von Wien wurde nach langen Jahren des Verfalls 1807 von Johann I von Liechtenstein erworben und restauriert, wobei das Innere mit Kunstwerken aus anderen der zahlreichen liechtensteinischen Liegenschaften geschmückt wurde. Als die Burg neuerlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu verfallen drohte, entschlossen sich die Eigentümer aus dem Hause Liechtenstein zum Verkauf. Doch auch Kostenitz sollte die Burg nur etwas länger als ein Jahrzehnt besitzen und nach mehreren Eigentümerwechseln gelangte sie 1960 in den Besitz des Hoteliers Hübner, der in dem Gemäuer ein Restaurant und einige historische Schauräume einrichten ließ. Allerdings wurden die gastronomisch genützten Räume durch einen Großbrand im Jahr 2006 weitgehend zerstört, sodass die Burgruine seit dem Feuer und einem neuerlichen Verkauf im Jahr 2017 für die Öffentlichkeit gesperrt ist.
Das Neuigkeits-Welt-Blatt vom 30. Mai 1918 berichtete aber über eine heute weitgehend vergessene Anekdote rund um Greifenstein: "Früher, als es noch keine Eisenbahn gab. Da pilgerten gar manche Wiener gegen Greifenstein, um dort das Gruseln zu erlernen. Denn irgendein findiger Kastellan hatte einstmals die Idee gehabt, ihnen einen mächtigen hölzernen Käfig zu zeigen, in dem Richard Löwenherz, der König von England und Rivale des Herzogs Leopold V von Oesterreich gefangen gehalten werden sei, und jahrzehntelang bestaunten Männlein und Weiblein den unförmlichen Marterkasten, der in der oberen Turmabteilung untergebracht war, bis es endlich den vereinten Bemühungen historisch Gebildeter gelang, dem Unsinn ein Ende zu machen und dem Schloß Dürenstein in der Wachau zu seinem historischen 'Rechte' in dieser Sache wieder zu verhelfen. Der hölzerne Kotter, welcher derart besser als das mächtige Gemäuer seit sieben Jahrhunderten alle Anstürme der Türken, Schweden und sonstigen Kriegerscharen überstanden hatte, verschwand eines Tages und seither hatte Greifenstein allen Reiz für die Wiener, 'die das Gruseln lernen wollten', verloren. Erwähnt sei, daß dieser hölzerne Käfig auch auf die reisenden Engländer eine große Anziehungskraft ausübte; er war mit zahllosen Namen beschrieben und trug allenthalben tiefe Wunden englischer Messer. Die reisenden Söhne Albions betrachteten nämlich diesen Stall als ein Nationalheiligtum und schnitten so viele Späne aus ihm, daß er schließlich schon recht wackelig geworden war."
Link:
Die Feste Greifenstein (Neuigkeits-Welt-Blatt vom 30. Mai 1918)
Von einer Schulfeier des Gymnasiums im niederösterreichischen Horn berichtete die Volkspost (ehemals Eggenburger Zeitung) am 31. Mai 1918. Anlass für die Festveranstaltung war die Enthüllung einer Büste Kaiser Karls. Die Feierlichkeiten waren aufwendig gestaltet und wurden von verschiedenen Aufführungen der Schülerinnen und Schüler, aber auch der Lehrerschaft umrahmt:
"Nach der feierlichen Enthüllung der neuen mächtigen Kaiserbüste akklamierte die Versammlung unseren jungen Monarchen durch ein begeistertes dreifaches Hoch, dem die Volkshymne folgte. Recht herzig waren die Deklamationen der Schüler in allen Sprachen, die an der Lehranstalt gepflegt werden, auch französisch, englisch, italienisch, albanisch, türkisch. Besonderes Interesse erregten die zahlreichen osmanischen Zöglinge der Anstalt, ihr Vortrag und ihre Nationalhymne. […] Neben den Darbietungen unseres bestbekannten Horner Streichquartetts und den Solovorträgen unseres Horner Meisters Josef Klein lösten die trefflich vorgetragenen Schülerchöre, die der Dirigentenstab unseres gottbegnadeten Musikers Professor Lenz meisterlich leitete, überaus beifällige Akklamationen aus. Beifallsstürme errangen auch, wie es gar nicht anders sein konnte, die unübertrefflich zarten deutschen Volkslieder, zu deren glänzender Wiedergabe sich das Künstler-Ehepaar Direktor Liebleitner aus Wien bereitwilligst zur Verfügung gestellt hatte. Trefflich gelungene Turnübungen der Schüler, geleitet von unserem bewahrten Turnlehrer Gastinger, schlossen die gelungene Veranstaltung."
Das von Ferdinand Graf Kurt gestiftete Piaristen-Gymnasium Horn ist eines der ältesten Gymnasien in Österreich und wurde am 11. März 1657 unter dem Namen "Schola Hornana" gegründet. Bereits in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts fanden dort Schultheatervorstellungen statt für die der 1768 eröffnete Theatersaal die perfekte Räumlichkeit bot.
Links:
Schulfeier des Gymnasiums (Volkspost, ehemals Eggenburger Zeitung, vom 31. Mai 1918)
Weiterlesen: Chronik des BG Horn