Während des Ersten Weltkriegs kam es vermehrt zu Scheidungen, wobei sich mancherorts die Scheidungsraten sogar verdoppelten. Die Grazer Vorortezeitung versuchte am 12. Mai 1918 eine Begründung dafür zu finden:
"Und die Ursache dieser Massenflucht aus der Ehe? In den meisten Fällen ist es die Untreue der Frau. So mancher auf Urlaub heimkehrende Krieger findet sich bei seiner Ankunft ohne Heim, die Einrichtung ist verkauft und sein Weib ist fort. Oder aber er findet in seiner Wohnung einen Nachfolger, häufig noch dazu in seinen Kleidern. […]. Abgesehen von den vielen durch die sozialen Verhältnisse verursachten Ehescheidungen betreffen viele Fälle bereits schwankend gewesene Ehen, die dann durch die lange Abwesenheit des Mannes ganz aus dem Leim gingen, nachdem der Kitt, der sie noch zusammengehalten, nur die Scheu vor dem Auseinandergehen oder die Rücksicht auf die Familie war."
Durch den Weltkrieg wurde das Familienleben massiv erschwert, durch Kriegsdienst und Gefangenschaft der Männer, Flucht und Evakuierung von Frauen und Kindern sowie die Landverschickung von Kindern wurden Familien oft für lange Zeit getrennt. Familien wurden zerrissen und die Beziehung zwischen Vätern und Kinder gestört.
Doch auch nach dem Krieg ging die Scheidungsrate nur langsam zurück. Bedrückende Kriegserlebnisse der Männer und die Zunahme familiärer Gewalt trugen zur Scheidungsrate nach dem Weltkrieg bei. Nach Rückkehr der Väter herrschten oft große Hoffnungen und letztlich nicht erfüllbare Erwartungen an sie. Die Frauen waren es, denen die Aufgabe der Vermittlerinnen zwischen Kindern und Vätern zukam und sie waren es auch, die die Heimkehrer in den Alltag und die Nachkriegsgesellschaft einführen mussten. Allerdings hatte sich das Frauenbild während des Ersten Weltkriegs gewandelt, was für viele Heimkehrer schwer zu begreifen war. Ihr Wunsch nach Rückkehr zu der traditionellen Rollenverteilung aus der Vorkriegszeit belastete wiederum die Frauen, die ihre neue Eigenständigkeit nicht mehr aufzugeben bereit waren.
Links:
Die Massenflucht aus der Ehe (Grazer Vorortezeitung vom 12. Mai 1918)
Heute vor 100 Jahren: Zunahme an Eheschließungen (12. Februar 1918)
Am 13. Mai 1918 berichtete die Neue Zeitung über Kormorankolonien in der Wiener Lobau und deren Einfluss auf die Fischerei:
"Seitdem der größere Teil der Lobau in den Besitz der Gemeinde Wien übergegangen ist […], haben sich gutgemeinte, aber sachlich keinesfalls aufrecht zu erhaltende Bestrebungen zur Erhaltung der dort seit den Tagen des Kronprinz Rudolf befindlichen Kormorankolonien geltend gemacht. Dem muß nun von fachlicher Seite im Interesse des Fischereiwesens entgegengetreten werden. Denn gerade der Kormoran ist einer der größten Fischereischädlinge, der an den Ufern unserer Gewässer ist. Ein verhältnismäßig großer Vogel, kann er Fische bis zu einem Gewichte von zwei Kilogramm leicht erbeuten und zu seinen Nestern tragen. Nimmt man nach Brehm den Nahrungsbedarf dieses Vogels nun mit zwei Kilogramm pro Tag an, so ist der Schaden ein beträchtlicher."
Nach dem Ersten Weltkrieg lebten in der Lobau rund 300 Kormoranbrutpaare, die aber auf Beschluss der Wiener Behörden auf etwa 80 Paare dezimiert wurden. Die Bestände konnten sich danach nicht mehr erholen, insbesondere weil sich die Lebensbedingungen für die Vögel auch durch Forst- und Fischereiwirtschaft dramatisch verschlechterten. Trotzdem fühlen sich Kormorane in Österreich wohl und es überwintern vor allem entlang der Donau so viele Vögel, dass man von November bis Februar mancherorts sogar von "Kormoran-Tagen" spricht.
Links:
Die Kormorankolonie der Lobau (Die Neue Zeitung vom 13. Mai 1918)
Heute vor 100 Jahren: Die Erschließung der Lobau (17. April 1918)
Im Frühling 1918 berichtete das Neue Wiener Journal über die blühenden Rothschild Gärten auf der Hohen Warte in Wien-Döbling.
Nathaniel Meyer Freiherr von Rothschild hatte das Grundstück für die Gartenanlage in den 1860er Jahren erworben und ließ dort auf rund 81.000 Quadratmetern einen Park mit Gärtnereibetrieb samt Glashäusern anlegen, wo unter anderem Obst, exotische Blumen und Palmen gediehen. Zwei Mal pro Woche war das Gelände öffentlich zugänglich und gegen eine geringe Gebühr konnte man fast das gesamte Areal begehen. Während des Ersten Weltkriegs wurden die Gärten zusätzlich auch sonntags geöffnet. Die Eintrittsgelder kamen der Kriegsfürsorge zugute.
Die Vielfalt der Rothschild'schen Pflanzen und die idyllisch angelegten Plätze zum Verweilen hatten es dem nur mit "J.F." gezeichneten Journalisten des Neuen Wiener Journal am 14. Mai 1918 besonders angetan: "Und schon ist man gefangen von den Wundern, die Menschenhand und Menschengeist, wenn sie nach Herzenslust die Natur meistern und stilisieren wollen, unterstützt von einem wohlgefüllten Beutel, schaffen können. Ein Kirschbaum beugt sich unter seiner schweren, dunkelfarbigen, süßen Last […] Auch Ananaserdbeeren leuchten aus dem Grün hervor und auf Weinblättern sind frische samtene Pfirsiche so appetitlich arrangiert, daß es wirklich, wohlangebracht erscheint, eine Glaswand zwischen diese Köstlichkeiten und den Besucher zu schieben. […] An einer glasüberdachten Pergola bleibt man sinnend stehen. Wo gibt es noch Trauben von solcher Fülle und Größe […] Die Obstbäume sind in künstliche Formen gebracht, eine Lyra, eine Pyramide, ein Oktaeder bilden die grünen Blätter, zwischen denen schon die kahlen, vielversprechenden Fruchtknoten zu sehen sind. Ganze Felder sind mit Zwergobstbäumen bepflanzt, zwischen denen Salatblätter und anderes Gemüse an den praktischen Zweck der Anlage erinnern. Da weist der Pfeil in ein Glashaus. […] Dort gedeihen die fremdländischen Gewächse, dort gibt es Palmen, derer sich das Palmenhaus in Schönbrunn nicht zu schämen hätte […] Märchenhaft bunte Azaleen, wahre Millionäre an Blüten, gefüllte Pelargonien in allen Nuancen vom zartesten bis zum dunkelsten Rot, eine Farbenorgie der Natur. Gleich Flammen lodernde Tulpen und in mit zarten Pastellfarben hingehauchte Hellrosa und dann wieder bläulichschattierte Ballen der Prächtigen gefüllten Hortensie […] Das Ganze wirkt wie ein riesiges, zartgetöntes Aquarellbild von Meisterhand. Um dieses Blickes willen möchte ich Baron Rothschild sein!"
Am 5. April 1938 wurden die Gärten vom "arisiert" und an die Stadt Wien verkauft. Nach 1945 verzichtete die Rothschilds Erbin Clarice Adelaide von Rothschild auf eine Rückgabe der Gärten und erhielt deshalb von der Stadt Wien eine Entschädigungszahlung.
Der nördliche Teil der Rothschild Gärten ist heute ein Teil des Heiligenstädter Parks. Nathaniel Rothschild ließ aber nicht nur Gartenanlagen auf der Hohen Warte anlegen, sondern auch einen Fußballplatz für den 1894 von ihm gemeinsam mit Generaldirektor Schuster vom Bankhaus Rothschild gegründeten First Vienna Football Club.
Link:
Die Rothschild-Gärten (Neues Wiener Journal vom 14. Mai 1918)
Im Mai 1918 stand der des Diebstahls angeklagte Ignaz Ostrozik vor einem Geschworenengericht. Der Nachtportier des bekannten Wiener Kaufhauses Gerngross hatte gemeinsam mit zwei Burschen, die noch nicht mal 14 Jahre alt waren, Waren im Wert von rund 30.000,- Kronen (14.685,- Euro) gestohlen und am Schwarzmarkt verkauft. Nach kurzer Zeit wurde aus einer zufälligen Begegnung eine gut vernetzte Diebesbande, in der neben den drei Dieben weitere Personen involviert waren:
"Der Mann ist auf sonderbare Art mit den beiden Knaben bekannt geworden. In dem Nachbarhause der Firma Gerngroß wohnten die Eltern des Otto O. Der kleine Taugenichts besaß nun einen Schlüssel, den er an der Türe des im selben Hause befindlichen Magazins 'probierte'. Zu seiner Genugtuung paßte dieser Schlüssel. Otto O. und sein gleichaltriger Freund Ludwig W. drangen nun nachts in das Magazin ein und stahlen einige Pakete mit Stoffen. Hiebei wurden sie von dem Nachtportier Ostrozik überrascht. Anstatt die jugendlichen Missetäter gehörig durchzubläuen, machte der Nachtportier mit ihnen gemeinsame Sache. Von da an stahlen die drei fast jede Woche mehrere Pakete. Durch Mittelspersonen wurden die Stoffe versetzt oder verkauft, größtenteils von der Mutter des Ludwig W. und der Schwester des Ostrozik, die Versatzscheine nahm der Greissler Albert Sandbichler ab. Der Erlös wurde geteilt, der Anteil des Ostrozik betrug mindestens 7000 Kronen."
Ignaz Ostrozik bekannte sich schuldig und gab an, "er sei ganz im Banne einer gewissen Frau Weißgramm gestanden, in die er sehr stark verliebt war. Diese junge Frau habe ihn zu den Diebstählen verleitet und er habe ihren Weisungen unbedingt Folge geleistet." Ostrozik wurde zu 15 Monaten "schweren Kerkers" verurteilt, die Verhandlung der Straftaten der beiden unmündigen Burschen und der Hehlerinnen wurde abgesondert und zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt.
Link:
Der verliebte Nachtportier (Fremden-Blatt vom 15. Mai 1918)
"Zum vierzigjährigen Dienstjubiläum unseres Kriegsministers: G.d.I. Freiherr v. Stöger-Steiner verläßt nach einer Besichtigung die Kadettenschule Liebenau bei Graz, aus der er vor 40 Jahren in das Heer eingetreten ist" vermeldete das Interessante Blatt am 16. Mai 1918. Nach seinem Besuch in Liebenau reiste der Kriegsminister nach Graz weiter, wo er anschließend auch mit dem Schriftsteller Peter Rosegger zusammentraf.
Die Kadettenschule, die Stöger-Steiner 1878 erfolgreich absolviert hatte, entstand 1852 anstelle des 1164 erstmals urkundlich erwähnten Schlosses Liebenau. Das Anwesen, das bis in das 17. Jahrhundert auch als "Vatersdorf" bezeichnet wurde, diente ursprünglich zur Sicherung der Schifffahrt auf der Mur und besaß auch Fischrechte dort. Wegen finanzieller Schwierigkeiten mussten die Schlossherren die Liegenschaft letztendlich an den "Militär-Ärar" veräußern, der die Umgestaltung in eine Militärschule in die Wege leitete.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde im Zuge der von Otto Glöckel vorangetriebenen Schulreformen aus der Militärschule eine "Bundeserziehungsanstalt", in dem begabte Schüler ungeachtet ihrer sozialen Herkunft und der finanziellen Verhältnisse der Eltern das Gymnasium besuchen konnten. Die friedlichen Zeiten währten allerdings nicht lange, da die Schule während des autoritären Regimes ab 1935 und darauf folgend unter den Nationalsozialisten wieder als Militärschule geführt wurde. Erst nach einem Jahrzehnt kehrte man 1945 zur Bundeserziehungsanstalt zurück. Trotzdem hielt sich in Graz die Bezeichnung "Kadettenschule" bis in die 1960er Jahre.
Im Rahmen einer Schulreform Ende der 1970er Jahre wurde aus der Bundeserziehungsanstalt eine "Höhere Internatsschule des Bundes" (HIB), die bis heute nicht nur eine gute Ausbildung bietet, sondern auch für die sportlichen und künstlerischen Leistungen der Schülerinnen und Schüler bekannt ist.
Link:
Der Kriegsminister in der Liebenauer Kadettenschule (Reichspost vom 29. April 1918)
Heute vor hundert Jahren berichtete das Linzer Volksblatt über das 30-jährige Bestehen des "Unionyachtklubs" am Traunsee. Der oberösterreichische Verein wurde am 15. August 1888 als Zweigverein des 2 Jahre zuvor in Wien gegründeten Yachtklubs ins Leben gerufen. Der bald in der ganzen Monarchie unter Segelfreunden und Sommerfrischlern beliebte Yachtklub musste ein Jahr nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges seine Aktivitäten allerdings stilllegen:
"Wenn früher die Klage berechtigt war, daß der Traunsee viel zu wenig befahren und auf ihm nur wenig Wassersport getrieben wird, so hat sich das durch den Unionyachtklub jedenfalls bedeutend gebessert. Vor wenigen Jahren hat er sich unmittelbar am See ein Klubhaus errichtet. Ohne Zweifel wird der Klub nach dem Kriege eine erhöhte Tätigkeit entfalten. Er veranstaltete bis vor drei Sommern alljährlich am Traunsee Regatten, zu denen Gäste aus allen Teilen der Monarchie nach Gmunden kamen, der Verein fördert auch die Hebung des Fremdenverkehres. Im Kriege ruht die Vereinstätigkeit vollständig."
Heute erinnert der "Union Yacht Club Traditionsverband" an die in das 19. Jahrhundert reichende Tradition des Vereins, der seine erste Regatta im Juni 1886 auf dem burgenländischen Neusiedlersee abhielt, der damals noch zu Ungarn gehörte. Die zweite Regatta fand 1887 auf dem Wörthersee in Kärnten statt und die dritte 1889 auf dem oberösterreichischen Traunsee. Heute werden vor allem Segeltörns abgehalten, wobei der nächste ein Jugendtörn in der kroatischen Adria sein wird.
Links:
Dreißig Jahre Unionyachtklub (Linzer Volksblatt vom 17. Mai 1918)
Weiterlesen: Union Yacht Club – Die Geschichte
Der 18. Mai 1918 war ein großer Tag für das deutschsprachige Kabarett: "Heute Samstag den 18. d. eröffnet ein Teil des Kabaretts 'Hölle' unter dem Namen 'Orient-Bar', 6. Bezirk, Linke Wienzeile 6, wieder ihre Pforten. Unter der umsichtigen Leitung des Direktors Trau wird Küche und Keller, insbesondere auch nach dem Theater das Beste bieten […] Da die Orient-Bar auch ein beliebtes Rendezvous der Künstlerwelt ist, kann für einige Stunden Zerstreuung voll garantiert werden."
Das 1906 im Keller des Theater an der Wien eröffnete Kabarett "Hölle" entwickelte sich nach seiner Gründung rasch in eine der bekanntesten und beliebtesten Kabarettbühnen des gesamten deutschsprachigen Raums. 2 Jahre nach Beginn des Weltkriegs schloss es die Pforten, um ab Mai 1918 wieder leichte Zerstreuung zu bieten. Der im Jugendstil gehaltene Bühnenraum befand sich im heutigen Pausensaal des Theater an der Wien, daneben gab es noch den in Rot und Gold gehaltenen "Höllensaal". Nach den Vorstellungen stand den Besucherinnen und Besuchern die "Orient-Bar" zur Verfügung.
Unter den vielen bis heute bekannten Künstlerinnen und Künstler, die in der "Hölle" auftraten, finden sich klingende Namen wie Fritz Grünbaum, Hans Moser, Ralph Benatzky, Karl Farkas, Hugo Wiener oder Stella Kadmon.
1931 musste die "Hölle" nach finanziellen Turbulenzen schließen. Einer der letzten Hinweise dazu findet sich im Amtsblatt der Wiener Zeitung vom 27. März 1931, in der in knappen Sätzen von einer Klage der Küchengehilfin Marie Koller gegen den Pächter der "Hölle" Emil Weiß berichtet wird. Letzterer war allerdings "unbekannten Aufenthalts".
Links:
Orient-Bar (Wiener Allgemeine Zeitung vom 18. Mai 1918)
Emil Weiß (Wiener Zeitung vom 27. März 1931)
Der Pfingstsonntag 1918 fiel auf den 19. Mai, den viele Zeitungen zum Anlass nahmen sich mit den Kriegsverhältnisse auseinanderzusetzen. Auch im Neuigkeits-Welt-Blatt erschien ein Text, der den Frieden beschwor und damit den meisten Menschen aus der Seele sprach:
"Noch immer rasen die Dämonen des Hasses, der Lüge und grausamster Verwilderung durch die Welt. Erbarmungslos wütet das frevelhafte Männermorden und das Elend, das seinen Spuren folgt, ist grenzenlos. […] Nochmals Kriegspfingsten! Dreimal haben wir diese entsetzliche Vergällung unsrer Pfingstfreude schon erlebt, NUN kommt es zum viertenmal zu uns, ernster noch als in den früheren Kriegsjahren. Schwerer als sonst lastet der nur an der Ostfront verröchelte Krieg auf unser aller Schultern. Alle unsagbaren Opfer, Nahrungskürzungen und Entbehrungen aber können die Hoffnungen und Verheißungen nicht ertöten, die aus der bitterharten Gegenwart in eine, unendlich weite, schöne, zu allen Entwicklungsmöglichkeiten berechtigende Zukunft sprudeln."
Ganz im Sinne der Kriegspropaganda wurde am obersten Kriegsherren Kaiser Karl keine Kritik geübt, ganz im Gegenteil wurde seine Rolle sogar positiv ins Licht gerückt: "Wir stellen unser Volk und Vaterland und uns alle persönlich, mit allen Sorgengedanken und Hoffnungsgefühlen, mitten in das Flammenlicht des gnadenvollen Pfingstgeistes. […] Ganz erfüllt von diesem hohen Geist der Völkerversöhnung, hat unser Friedenskaiser gerade zur Pfingstzeit unter Gefolgschaft des Grafen Burian nach dem Orient sich begeben."
Allerdings versuchte Kaiser Karl nach seiner Thronbesteigung tatsächlich einen Friedensschluss herbeizuführen, scheiterte aber an der von ihm selbst verursachten "Sixtusaffäre". Diese verschlimmerte die Lage der Doppelmonarchie und führte sie in die völlige Abhängigkeit des Deutschen Reichs, das nach wie vor einen "Siegfrieden" anstrebte.
Links:
Pfingsten 1918! (Neuigkeits-Welt-Blatt vom 19. Mai 1918)
Heute vor 100 Jahren: Die Sixtusaffäre (16. April 1918)
Trotz oder gerade wegen der Entbehrungen der Bevölkerung während des Weltkrieges wurden die kleinen Freuden des Lebens hoch gehalten. In dem im Mai 1917 eröffneten neuen Dianabad im zweiten Wiener Gemeindebezirk kamen sowohl Sportbegeisterte als auch Erholungssuchende auf ihre Kosten. Der Morgen berichtete am 20. Mai 1918 anlässlich des ersten Jahrestags der Neueröffnung über das "Nobelschwimmbad":
"Das Dianabad, das dank der Pracht der Inneneinrichtung und der Zweckmäßigkeit aller Behelfe längst von der Gunst des Publikums, getragen ist, hat nun auch seine großen Schwimmbäder eröffnet! Und es sind gleich zwei Schwimmhallen, die der 'Sommerfrische Wien' zur Ausübung des gesündesten und beliebtesten Vergnügens zur Verfügung stehen. In hoch gewölbten, imposanten Hallen, die dennoch anheimelnd in ihrer Ausstattung sind, ist ein 400 Quadratmeter Wasserfläche umfassendes 'Nobelschwimmbad' und daneben ein noch weit größeres 'Allgemeines Schwimmbad' untergebracht."
Seit seiner Eröffnung 1808 war das Dianabad ein beliebter Treffpunkt der Wiener Gesellschaft. Das Bad wurde 1841 umgebaut und 1878 von Otto Wagner erweitert, sodass die Schwimmhalle im ehemaligen Innenhof im Winter als Ballsaal genutzt werden konnte. Am 15. Februar 1867 erklangen dort zu ersten Mal die bezaubernden Klänge des Strauß-Walzers "An der schönen blauen Donau".
1913 wurde das Dianabad abgetragen und nach luxuriös nach Plänen von Peter Paul Brang bis 1917 neu errichtet: "In durchaus vornehmem Stil geführt, ist es trotz einer gewissen Exklusivität dennoch so gemütlich, daß jeder Bade- und Sportbeflissene zum treuen Stammgast werden muß. 'Ob schön, ob Regen', das alte Motto für das Stelldichein fröhlicher Menschen gilt auch hier: genial konstruierte Schiebedächer machen die Schwimmbäder von jedem Witterungswechsel unabhängig, so daß im geschlossenen Raume, aber auch unter sommerlich freiem Himmel, sogar bei künstlich erzeugtem Regen, gebadet, werden kann. Ein eigenes Wellenbad, in dem durch neuartige Maschinen bis zu einem Meter hohe Wellen erzeugt werden, gibt uns die Illusion des Seebades und übt die bekannte kräftigende Massagewirkung auf den Körper. Im Nobelschwimmbad ist die glücklichste Vereinigung von Sportgeist und Behaglichkeit erreicht; erfahrene Lehrer und Lehrerinnen erteilen Schwimmunterricht, Turngeräte, Sprunggerüste usw. fehlen ebensowenig wie dem Komfort dienende Nebenraume, Büfett usw."
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Dianabad schwer beschädigt, konnte aber 1946 den Betrieb wieder aufnehmen, musste aber in den 1960er Jahren einem Neubau weichen. In späteren Jahren wurde das Dianabad räumlich etwas zurückversetzt wiedererrichtet und lockt wieder zahlreiche Gäste zum Baden in den 2. Wiener Gemeindebezirk.
Links:
Das Wiener Nobelschwimmbad (Der Morgen – Wiener Montagblatt vom 20. Mai 1918)
Heute vor 100 Jahren: Der Badebetrieb an der Wiener Donau (13. September 1913)
Die immer stärker spürbare Lebensmittelknappheit während des Weltkriegs erforderte die Entwicklung und Produktion von Ersatzlebensmitteln. Oft wurden dabei ungesunde, manchmal sogar giftige Zutaten verwendet. Da auch Tabak knapp wurde, musste er durch verschiedene getrocknete Kräuter und Laub ersetzt werden. Als Ersatz für fehlendes Gemüse wurden verschiedenste Pflanzen gesammelt, was aber nicht immer ungefährlich war. So warnte etwa die Illustrierte Kronen Zeitung am 21. Mai 1918 vor Vergiftungen durch Spinatersatz (es war vor allem der im Wienerwald massenhaft anzutreffende Bärlauch gemeint):
"Eine förmliche Sucht ist zu verzeichnen, jeden grünen Halm zum Genusse zu empfehlen und diesen Empfehlungen kritiklos zu folgen [...] Die massenhaften, teils von unberufener Seite ausgegebenen Anweisungen, das Sammeln von sogenanntem 'Spinatersatz' zu betreiben, haben endlich energische Proteste von Sanitätsfachmännern veranlaßt. Zahlreich vorgekommene Vergiftungsfälle in Wien lassen im Zusammenhang damit das zum Sport gewordene Selbstsammeln von Spinatersatz als höchst gefährliche Massenpsychose erscheinen, die noch dazu von gewissenlosen Händlern ausgenützt wird. Prof. Dr. Fritz Retolitzky hat soeben in einem Berichte an die Gesellschaft der Aerzte auf die bedenklichen Konsequenzen der Spinatsammel-Manie des Wiener Publikums hingewiesen. Planlos werden Wildpflanzen gesammelt."
Es war aber nicht nur die Verwechslung des Bärlauchs mit Maiglöckchen, deren Verzehr meist tödlich endete, die die Zahl der Vergiftungen in die Höhe schnellen ließ, sondern auch das Verhalten unredlicher Geschäftsleute:
"In der gefährlichsten Weise wirkt es zudem, daß Geschäftsleute, in der Sucht 'neue Artikel' auf den Markt zu bringen, allerlei 'Spinatkonserven' aus abgebrühten Fichtennadeln, Kartoffelblättern usw. anempfehlen. Selbst Blätter des giftigen Stechapfels sind bereits in Spinat- und Salatersätzen vorgefunden worden. Ein russischer Kriegsgefangener, der plötzlich an Vergiftungserscheinungen starb, hatte nachgewiesenermaßen mit Brennesselspinat auch große Mengen Schierlingsblätter gekocht und verzehrt."
Vereinzelt führten Vergiftungsfälle zum Verbot des Einsammelns von Wildpflanzen, wobei diese Verbote wegen der grassierenden Hungersnot kaum durchsetzbar waren.
Links:
Tödliche Vergiftungen durch Spinatersatz (Illustrierte Kronen-Zeitung vom 21. Mai 1918)
Heute vor 100 Jahren: Schwindel mit Suppenwürze (17. Dezember 1917)
Heute vor 100 Jahren: Tabakernte im Wienerwald (6. November 1917)