Die Website zum Gedenk- und Erinnerungsjahr 2018 wird nicht mehr aktualisiert, steht aber bis auf weiteres als Nachlese zur Verfügung.
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Ihre Position: Oesterreich100.at - Von Tag zu Tag 1917 bis 1919
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Von Tag zu Tag 1917 bis 1919

Zwi Perez Chajes
Zwi Perez Chajes, 1927; © National Library of Israel, Schwadron collection

Am 2. Mai 1918 meldete die in der Wiener Alserstraße 55 erscheinende Jüdische Korrespondenz die Lösung der Oberrabbinerfrage in Wien, die nach dem Rücktritt des Oberrabbiners Moritz Güdemann mehrere Jahre in Anspruch genommen hatte. Als neuer Wiener Oberrabbiner der größten jüdischen Gemeinde auf dem Gebiet des heutigen Österreich wurde Zwi Perez Chajes gewählt, der bis dahin das Amt des Triestiner Oberrabbiners bekleidet hatte.

"Dr. Chajes, welcher einer schon im 14. Jahrhundert bekannten jüdischen Gelehrtenfamilie entstammt, hat die Mittelschule an dem Deutschen Staatsgymnasium in Brody absolviert, wurde 1894 an der Wiener Universität zum Doktor der Philosophie promoviert und erhielt im Jahre 1898 an der theologischen Lehranstalt in Wien, zu deren eminentesten Schülern er gehörte, das Rabbinatsdiplom. Schon als Hochschüler hat Dr. Chajes durch seine wissenschaftliche Tätigkeit die Aufmerksamkeit gelehrter Kreise auf sich gelenkt. Im Jahre 1901 wurde er zum Sekretär des Orientalischen Institutes an der Wiener Universität ernannt, erhielt 1902 eine Berufung nach Florenz, wo er als Professor an der Universität und am Rabbinerseminar Geschichte und Bibel dozierte. Seit 1912 ist Dr. Chajes Oberrabbiner in Triest."

Nachdem Zvi Perez Chajes Oberrabbiner geworden war, übernahm er von 1921 bis 1925 das Präsidentenamt im Zionistischen Aktionskomitee, wurde Mitglied des Kuratoriums der Hebräischen Universität in Jerusalem und übernahm den Vorsitz der Völkerbund-Liga für Österreich. 1919 initiierte er die Gründung des Wiener jüdischen Realgymnasiums (seit 1923 in der Castellezgasse im 2. Wiener Gemeindebezirk), das heute nach ihm benannt ist. Zvi Perez Chajes starb 1927 in Wien und wurde 1952 nach Tel Aviv überführt.

Link:
Die Lösung der Oberrabbinerfrage in Wien (Jüdische Korrespondenz vom 2. Mai 1918)

Kinder mit Menageschale vor einer Kriegsküche in Wien-Penzing
Kinder mit Menageschale vor einer Kriegsküche in Wien-Penzing, datiert mit 13. August 1917; © Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv

In der Linzer Tages-Post vom 3. Mai 1918 erschien ein Artikel über medizinische Untersuchungen an Kindern verschiedener sozialer Schichten im Krieg, die vom Arzt Carl Häberlin durchgeführt worden waren: "Die Beobachtungen umfassen den allgemeinen klinischen Befund, Gewicht, Körperlänge, Brustumfang, Muskelkraft und vielfach auch die prozentuelle Menge des Blutfarbstoffes."

Die Ergebnisse der Untersuchungen waren ganz im Sinne der Kriegspropaganda, denn sie zeigten, dass der Krieg keinerlei Einfluss auf die Gesundheit der Kinder hätte: "Bei armen sowohl als bei reichen Kindern, die untersucht worden sind, haben sich im Vergleich mit den Kindern gleicher sozialer Schicht im Frieden keine Schädigungen nachweisen lassen, weder von einem Untergewicht, noch von einer Minderung der Muskelkraft, noch von Blutarmut kann die Rede sein und es verdient besonders hervorgehoben zu werden, daß die Längenmaße der im Krieg beobachteten Kinder vergleichsweise größer waren." Carl Häberlin blieb allerdings eine Erklärung seiner Beobachtungen schuldig…

Tatsächlich bewiesen aber regelmäßig durchgeführte Schulgesundheitsuntersuchungen schon früh, dass der Hunger besonders unter Kindern gesundheitliche Schäden hinterließ. Bereits 1916/17 deuteten die Ergebnisse von ärztlichen Untersuchungen darauf hin, dass das durchschnittliche Gewicht bei Vierzehnjährigen während des Krieges um rund zwei Kilo gesunken war, sowie die Durchschnittsgröße um zwei Zentimeter.

In Österreich-Ungarn wurden daher schon früh Gegenmaßnahmen getroffen, beispielsweise versuchte man in den Städten durch Frühstücks- und Schul-Kriegsküchen dem Hunger entgegenzuwirken oder verschickte ab 1917 Kinder aus den Städten aufs Land. Nicht nur auf Gewicht und der Größe hatte die Mangelernährung während des Krieges Einfluss, an der verminderten Nährstoff- und Vitaminaufnahme hatten die Kinder auch später im Erwachsenenalter zu leiden.

Links:
Die Entwicklung der Kinder im Krieg (Linzer Tages-Post vom 3. Mai 1918) 
Weiterlesen: Im Dienst des Krieges – Die Vereinnahmung der Kinder für die Kriegsarbeit

Plakat: Marineschauspiel im Wiener Prater
Marineschauspiel im Wiener Prater, 1918; © Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv

Während des Ersten Weltkrieges blieb der Prater beliebtes Ziel der Wiener Bevölkerung, um Zerstreuung zu finden. Vor allem Soldaten auf der Suche nach Ablenkung waren im Prater anzutreffen, aber auch Verwundete, an die Freikarten für verschiedene Fahrgeschäfte ausgegeben wurden.

Die im Prater gelegene Rotunde (1937 abgebrannt) wurde für militärische Propagandazwecke genutzt, um der Bevölkerung den Krieg näher zu bringen. So wurden dort am 4. Mai 1918 Marineschauspiele vorgeführt, bei denen Schlachten auf hoher See nachgespielt wurden. Die Vorführungen waren in vier Akte gegliedert und es wurde kein technischer Aufwand gescheut:

"Die Marineschauspiele im Prater sind ein nicht minder wirksames Mittel der Propaganda für das Sonnenland Dalmatien und zugleich geben sie ein anschauliches Bild der Tätigkeit unserer Marine und ihrer nie versagenden Initiative. Voll kriegerischen Geistes sind die Bilder, die vorgeführt werden: die Eroberung des Lovcen, ein Angriff auf Ragusa, ein Kampf auf hoher See, Kanonendonner erfüllt das Haus, Pulverdampf die Szene und von den malerisch am Fuße hoher Berge hingestreuten Häuschen von Cattaro fällt mehr als eines den feindlichen Batterien der Montenegriner zum Opfer. Ein Besuch in der blauen Grotte auf Busi versetzt uns wieder in die stille Friedenszeit und tut all die Wundermärchen der Adria vor uns auf, die jetzt allerdings noch schweigen müssen, in kommenden besseren Tagen aber wohl wieder ihren Zauber wirken lassen werden. Mit der Ausstattung der Bilder, die das Kriegsfürsorgeamt mit munifizenter Hand diesem hoffentlich erträgnisreichen Unternehmen gewidmet hat, haben Kautsky und Rottanara ein kleines Meisterstück geschaffen, das verdient, auch über die Tage des Krieges hinaus erhalten zu bleiben."

Begleitet wurde das Programm von Matrosenchören und Marinekapellen. Die Erlöse aus den Eintrittskarten kamen dem Kaiser-König-Karl-Fonds zugute, der zur Unterstützung von Soldaten und deren Familien eingerichtet wurde.

Links:
Die neuen Marineschauspiele (Fremden Blatt vom 4. Mai 1918)
Heute vor 100 Jahren: Die Kriegsausstellung im Prater (20. September 1917)

Karl Marx
Karl Marx; © Das Interessante Blatt vom 2. Mai 1918

Am 5. Mai 1918 jährte sich der Geburtstag des politischen Ökonomen und Philosophen Karl Marx zum 100. Mal. Nicht nur die Arbeiter-Zeitung berichtete darüber, sondern auch das bürgerlich orientierte Interessante Blatt veröffentlichte zu diesem Anlass einen Artikel, der auffallend wertfrei ausfiel.

Das Interessante Blatt war die am längsten erscheinende (1882–1939), auflagenstärkste und bei weitem wichtigste Wochenillustrierte der Monarchie und der Ersten Republik. In dem Theaterstück "Die letzten Tage der Menschheit" von Karl Kraus kommt das Interessante Blatt immer wieder vor und wird als regierungsnahe Propagandazeitung dargestellt, deren Berichterstattung effekthascherisch und voyeuristisch sei. Umso mehr überrascht der relativ neutrale Artikel über Karl Marx:

"Am 5. Mai 1918 werden es 100 Jahre, dass Karl Marx, der später zum Führer vieler sozialistisch politischer Bewegungen wurde, in Trier geboren wurde. Karl Marx, dessen Vater Advokat war studierte erst in Bonn und Berlin Rechtswissenschaft, Geschichte und Philosophie. Als sozialistischer Schriftsteller und Agitator wurde er von den Regierungen mehrmals verfolgt und ausgewiesen, und starb, bis kurz vor seinem Tode immer für seine Ideen agitierend und kämpfend, am 14. März 1883 in London […] Marx war als Schriftsteller überaus fruchtbar und viele seiner Werke, so 'Das Kapital' sind heute noch grundlegend auf ihrem Gebiete. Sein Gedenktag wird in der ganzen Welt entsprechend gefeiert werden."

Link:
Ein Gedenktag Karl Marx' (Das Interessante Blatt vom 2. Mai 1918)

Die Hauptfront des Technischen Museums in Wien
Die Hauptfront des Technischen Museums in Wien im Jahr 1918; © Sport und Salon vom 2. Juni 1918

Im Jahr 1908 wurde anlässlich des 60. Jubiläums des Regierungsantrittes Kaiser Franz Josefs beschlossen, in Wien ein Technisches Museum für Industrie und Gewerbe zu errichten. Obwohl schon am 20. Juni 1909 die Grundsteinlegung durch den Kaiser erfolgte und das Gebäude schon 1913 fertiggestellt werden konnte, verzögerte sich die für 1914 geplante Eröffnung durch den Ersten Weltkrieg bis zum 6. Mai 1918.

Die wirtschaftliche, volksbildende und nicht zuletzt propagandistische Rolle, welche die Eröffnung des Technischen Museums im letzten Kriegsjahr einnahm, kann gut anhand der Berichterstattung in den damaligen Zeitungen verfolgt werden: "Ein gewaltiges Kulturwerk ist mitten im Lärm des Weltkrieges vollendet worden, das Technische Museum für Industrie und Gewerbe, dessen mächtiges Gebäude sich gegenüber dem Kaiserschlosse von Schönbrunn weithin sichtbar erhebt […] So ist im Technischen Museum während der harten Zeit des Krieges eine Ruhmeshalle der industriellen und gewerblichen Arbeit zustande gekommen. Zur Ehre Österreichs!"

Heute beherbergt das Technische Museum auch die Österreichische Mediathek, die neben anderen spannenden Ausstellungen auch eine Online-Ausstellung zum Gedenkjahr 2018 anbietet.

Links:
Das Technische Museum für Industrie und Gewerbe (Wiener Bilder vom 12. Mai 1918)
Weiterlesen: Gedenkjahr 2018 (Online-Ausstellung der Österreichischen Mediathek im Technischen Museum)

Spione im Flugzeug
Spione im Flugzeug; © Illustrierte Kronen-Zeitung vom 7. Mai 1918

Am 7. Mai 1918 gab die Illustrierte Kronen-Zeitung Einblicke in die Spionagearbeit der Alliierten während des Ersten Weltkrieges, bei der die feindlichen Spione kriegspropagandistisch natürlich wenig gut davonkamen.

Als Spione wurden angeblich Soldaten niedrigerer Ränge rekrutiert, die ursprünglich mit Flugzeugen hinter die Front gebracht wurden, wo sie nach der Landung samt Piloten regelmäßig entdeckt und gefangen genommen wurden. Deshalb gingen die Alliierten angeblich dazu über Spione mit Fallschirmen "abzuwerfen": Denn verließ einem Spion der Mut, konnte ihn der Pilot durch eine Klappe am Boden des Flugzeugs auch gegen seinen Willen wortwörtlich "abwerfen". Ausgestattet wurden die Spione sowohl mit Zivilkleidung als auch mit einer Uniform, um sich jeder Situation anpassen zu können. Zur Nachrichtenübermittlung wurden Brieftauben genutzt, die der Spion in einem Körbchen bei seinem Absprung vorgeblich bei sich trug. Nachschub wurden zu fest vereinbarten Nachtstunden abgeworfen. Spione, dies galt allerdings für beide Seiten, waren nicht nur für Informationsbeschaffung zuständig, sondern auch für Sabotageakte gegen Eisenbahnschienen oder Brücken.

Die Rückkehr der alliierten Spione in ihre Heimatländer, so die Illustrierte Kronen-Zeitung, war schwierig: "Um die Rückkehr der Spione kümmern sich die Feinde nicht so sehr, es bleibt ihnen überlassen, sich in neutrales Ausland durchzuschwindeln und von da aus zurückzukehren." Letzteres war allerdings mit großen Schwierigkeiten verbunden, da die Grenzgebiete der Mittelmächte zu neutralen Staaten prinzipiell Sperrgebiete waren…

Links:
Spione im Flugzeug (Illustrierte Kronen-Zeitung vom 7. Mai 1918)
Heute vor 100 Jahren: Die Verbotszone in Vorarlberg (15. September 1917)
Weiterlesen: Russlands Mann in Wien (Die Spionageaffäre Redl)

Am Wiener Neustädter Kanal
Am Wiener Neustädter Kanal, 1911; © Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv

Heute vor hundert Jahren berichtete das Deutsche Volksblatt von dem Vorhaben den Wiener-Neustädter Kanal für den Schiffsverkehr auszubauen.

Der bereits 1803 in Betrieb genommene Kanal war im Lauf der Jahre auf 63 km Länge angewachsen und  gelangte 1869 in den Besitz der Österreichischen Vereinsbank, später in Besitz der Aspang Bahn. Allerdings vernachlässigten die Eigentümer die Wartung des Kanals, womit der Schiffsverkehr knapp vor dem Ersten Weltkrieg nahezu zum Erliegen kam.

Während des Weltkriegs wurde der Kanal unter staatliche Aufsicht gestellt. Trotzdem kam es aber immer wieder wegen fehlerhafter Wartungsarbeiten zu Wassermangel, was zu Klagen der am Kanal ansässigen Werksbesitzer führte, die teilweise mit Verweigerung der Pachtzahlung reagierten.

"Die Aspangbahn, die Eigentümerin des Wiener-Neustädter Kanals, beabsichtigt, den idyllischen Flußlauf, der sich in vielen Krümmungen durch das weite Steinfeld schlängelt, für den Frachtenverkehr besser auszunützen. Es stehen gegenwärtig mehrere Projekte in Beratung, die aus eine Wiederbelebung der Frachtenschifffahrt auf dem Kanal abzielen, mit der mehrere Bahnlinien in Verbindung gebracht werden sollen. Bekanntlich sind in den letzten Jahren längs des Kanals und in seiner Nähe viele größte Industrieetablissements entstanden, für die jahrein-jahraus große Kohlen – oder Ziegeltransporte in Frage kommen. Diese Transporte wurden bisher mit der Bahn durchgeführt, was nicht nur verhältnismäßig teuer kommt, sondern auch wegen des Umladens in den Stationen auf die Waggons der schmäleren Industrieseitenbahnen umständlich und zeitraubend ist. Was besonders Kohlen und Ziegel betrifft, so sollen diese in großen Kähnen direkt zu dien am Kanal liegenden Industriewerken befördert werden."

Nach dem Ersten Weltkrieg plante man den Kanal zwischen Wien und Krottenbach trocken zu legen und zu sanieren. Dazu kam es allerdings nie. Vielmehr wurden während des Zweiten Weltkriegs weite Teile des Kanals durch Luftangriffe  zerstört.

1956 übernahm das Land Niederösterreich den Kanal, der Anfang der 1970er Jahre saniert wurde. Der nördliche Abschnitt wurde allerdings endgültig trockengelegt.

Link:
Schiffbarmachung des Wiener-Neustädter Kanals (Deutsches Volksblatt vom 8. Mai 1918)

Ein Streckenteil der eben eröffneten Pöstlingbergbahn 1898
Ein Streckenteil der eben eröffneten Pöstlingbergbahn; © Fremden-Zeitung vom 2. Juli 1898

Im Linzer Volksblatt erschien am 9. Mai 1918 eine Werbung der Pöstlingbergbahn, die bis heute Reisen auf den beliebtesten Ausflugsberg Linzs anbietet: "Grossartiges Alpenpanorama!! Berghotel mit Aussichtsterrasse. ELEKTRISCHE TURMBAHN UND KRIEGSMUSEUM !!!Große Sehenswürdigkeit!!!" stand da zu lesen.

Der Pöstlingberg war seit Mitte des 18. Jahrhunderts Ziel von Wahlfahrten und später beliebtes Ausflugsziel. Da der Weg auf den knapp 540 Meter hohen Hausberg der Stadt Linz beschwerlich ist, wurde der Bau einer Bergbahn angedacht, für deren Verwirklichung die Tramway- und Elektrizitäts-Gesellschaft Linz-Urfahr (TEG), die Vorläuferin der heutigen Linz AG Linien, 1897 gegründet wurde. Nach den für die Arbeiter besonders anstrengenden Bauarbeiten an der Pöstlingbergbahn, die alle händisch durchgeführt werden mussten, wurde die von Josef Urbanski geplante Bahn nach nur einem Jahr am 29. Mai 1898 eröffnet.

Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs transportierte die TEG jährlich rund 200.000 Fährgäste, vorwiegend im Sommer. Auf Grund der Hamsterfahrten der Städter in das ländliche Umland schnellten die Fahrgastzahlen 1918 bis auf 688.000 hoch. Nach Einbruch der Fahrgastzahlen in der Zwischenkriegszeit erreichte man am Höhepunkt des Zweiten Weltkriegs mit fast 1,3 Millionen Fahrgästen einen neuen Zenit.

Zwar ließ die Motorisierungswelle der Nachkriegszeit die Nachfrage nach öffentlichen Verkehrsmitteln sinken, aber die Pöstlingbergbahn überlebte. 2008 wurde sie modernisiert und an ihrem 111. Geburtstag am 29. Mai 2009 wieder eröffnet.

Link:
Werbung für die Elektrische Bahn auf den Pöstlingberg (Linzer Volksblatt vom 9. Mai 1918)

Flüchtlinge
Flüchtlinge, Foto aus dem k.u.k. Kriegspressequartier 1917, ohne Ortsangabe; © Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv

Am 10. Mai 1918 berichtete das Salzburger Volksblatt von einem Abtransport von Flüchtlingen aus St. Gilgen am Wolfgangsee: "Nach vor kurzem erfolgten kleineren Abtransporten erfolgte gestern ein Abtransport von etwa 50 Flüchtlingen meist alten Männern, Frauen und vielen Kindern, die alle größtenteils aus der Bukowina stammten und durch achtzehn Monate in unserer Region untergebracht waren."

Schon zu Beginn des Ersten Weltkriegs kam es zu großen Flüchtlingsströmen besonders aus Galizien, der Bukowina, Istrien, Bosnien, Dalmatien, Kroatien und dem Trentino. Bis Ende 1915 wurden rund 390.000 Flüchtlinge in Flüchtlingslagern oder in Privatquartieren in der österreichischen Hälfte der Doppelmonarchie untergebracht. Ihre Unterbringung wurde emotional diskutiert, wobei die "sozialen Verträglichkeit" für die lokale Bevölkerung eine wesentliche Rolle spielte. Aufgrund der schlechten Ernährungslage während des Krieges, schlug den Flüchtlingen in vielen Fällen Ablehnung von Seiten der heimischen Bevölkerung entgegen, die annahm, dass es den Flüchtlingen, die in machen Lagern sogar Zwangsarbeit verrichten mussten, aufgrund der staatlichen Vorsorge wohl besser erginge.

Tatsächlich wurden Flüchtlinge häufig auf eine begriffliche Ebene mit "verdächtigen Personen". Hauptziel offizieller Flüchtlingspolitik war die Vermeidung nationaler und sozialer Konflikte und eine baldige Rückkehr der Flüchtlinge. So wurde es auch im Flüchtlingsgesetz vom Dezember 1917 festgehalten, das sich auf Bewachung, Kontrolle der Bewegungsfreiheit und Registrierung von Flüchtlingen konzentrierte. Die ohnehin geringe Bereitschaft der ansässigen Bevölkerung Flüchtlinge zu unterstützen, schwand mit Fortschreiten des Krieges und der sich zuspitzenden Ernährungslage; mancherorts wurde von Flüchtlingen sogar als Landplage gesprochen: "Durch die Abreise dieser Flüchtlinge ist die St. Gilgner Gegend wie von einer wahren Landplage befreit und erhofft eine Besserung der schon argen Lebensmittelnot."

Die strenge Internierungspolitik wirkte sich nach dem Zusammenbruch des Vielvölkerreichs 1918 noch lange Zeit negativ auf die Beziehungen zwischen Österreich und den Nachfolgestaaten aus.

Links:
Abtransport von Flüchtlingen (Salzburger Volksblatt vom 10. Mai 1918)
Heute vor 100 Jahren: Die Tragödie im Flüchtlingslager Wagna (4. Oktober 1917)
Heute vor 100 Jahren: "Der Skandal im k.k. Studiengebäude" (12. November 1917) 

Eisbär und Seehunde
Eisbär und Seehunde; © Martin Gerlach, Das Thierleben in Schönbrunn, Wien 1904, Tafel 47

Vom Krieg und Eisbären in Schönbrunn berichtete das Neue Wiener Tagblatt am 11. Mai 1918. Anlass gab ein dramatischer Anlass, denn es hatte ein Soldat der Landsturmschützen fünf Schüsse aus seiner Browning-Pistole auf einen Eisbären in Schönbrunn abgegeben. 3 Schüsse trafen und verletzten das Tier. Der Schütze, Leopold Ecker, wurde entwaffnet und verhaftet. Da vermutet wurde, dass Ecker geisteskrank wäre, wurde er in das Garnisonsspital Nr. 1 gebracht.

Tatsächlich erreichten im Verlauf des Ersten Weltkriegs, der mit bis dahin kaum vorstellbarer Grausamkeit und völlig neuen Massenvernichtungswaffen geführt wurde, psychische Erkrankungen von Soldaten eine bisher nie dagewesene Dimension. Eine für den Ersten Weltkrieg typische psychische Erkrankung war die der Kriegszitterer, deren unentwegtes Zittern (Tremor) mit Lähmungserscheinungen, Bewegungsstörungen, Stottern, Depression und Angstzuständen einherging. Die Traumatisierungen zeigten sich aber auch andere Art und Weise:

"Der Fall ist ja leider kein vereinzelter mehr, daß jetzt Soldaten von mehr oder minder schweren Geistesstörungen befallen werden und daß dieser Zustand häufig genug gerade dann zum erkennbaren Ausdruck gelangt, wenn sich diese Kranken in der Oeffentlichkeit bewegen. Derselbe Polizeibericht, der sich mit dem Vorfall in Schönbrunn beschäftigte, meldete beispielsweise, daß gestern vor dem Kriegsministerium ein Trainsoldat von Verfolgungswahn befallen wurde und erhebliches Aufsehen erregte. Kürzlich wieder stieg ein halb entkleideter Soldat auf die Figur der Pallas Athene vor dem Parlament; ein andrer ließ die entsetzten Zuschauer die traurige 'Lear'-Szene sehen, in der der arme alte König in seiner Umnachtung sich entkleidet: es war die Rochuskirche, die der irrsinnige Soldat zum Schauplatze machte. Kurz, es vergeht kaum ein Tag, der uns nicht durch solche erschütternde Fälle die Tatsache der zunehmenden Kriegspsychosen in Erinnerung brächte. Es ist dies übrigens ein Kapitel, auf das die Aerzte in den letzten Jahren immer dringlicher aufmerksam gemacht haben."

Das Neue Wiener Tagblatt kam im Fall der Schießerei in Schönbrunn zu folgendem Schluss: "Der schwer- verwundete Eisbär von Schönbrunn ist eben auch ein Opfer des Krieges – aber auch der, der auf ihn geschossen hat."

Links:
Der Krieg und der Eisbär (Neues Wiener Tagblatt vom 11. Mai 1918)
Weiterlesen: Kriegszitterer (Video)