Vor hundert Jahren berichtete das Fremden-Blatt über die Verfilmung von Franz Lehárs Operette "Wo die Lerche singt", die am 1. Februar 1918 in Budapest zur Uraufführung kam. Schon wenige Monate nach der Premiere gab es erste Pläne die Operette auch auf die Leinwand zu bringen. Die Musik zum Film stammte von Franz Lehár selbst, der diese dafür sogar adaptierte:
"Franz Lehar, der bekanntermaßen für den Film großes freundschaftliches Interesse besitzt, hat, wie wir hören, seine Einwilligung gegeben, daß das zugkräftige Repertoirestück des Theaters an der Wien, seine Operette 'Wo die Lerche singt', einer Filmbearbeitung unterzogen werde und damit durch die Kinotheater die denkbar größte Verbreitung gewinne. Marischka, der in dieser Operette ja auch eine Hauptrolle für Wien kreiert hat, unterzog sich mit Glück dieser Aufgabe und hat mit der vollständigen Besetzung des Ensembles der Wiedner Operettenbühne einen prächtigen Film zustandegebracht, dessen Wert natürlich vor allem darin liegt, daß er dem Kinotheater eine vollständig zusammenhängende harmonische Musik zuführt. Es ist von besonderem Interesse, daß Lehar selbst eine Anpassung seiner Komposition für die Eigenart des Films vorgenommen hat und man daher gewissermaßen einer Neuschöpfung des Meisters gegenübersteht. Der namhafte und beliebte Komponist, der sich selbst bei Gelegenheit kürzlich 'den ersten Verbündeten bei der Allianz von Operette und Film' genannt hat, wird demnach in der kommenden Saison seinen Einzug in die bedeutendsten Kinotheater der Stadt halten und mit dieser seiner erfolgreichen Operette nicht nur die Bühnen, sondern auch die Kinos der ganzen Monarchie beherrschen. Es ist keine Frage, daß dem Kinotheater mit dieser Kreation ein wertvolles, neuartiges Element zugeführt wird."
Die Operette wurde im Laufe der Zeit mehrmals verfilmt, wobei die bekannteste Version aus dem Jahr 1956 stammt und von Paula Wessely, der Mutter von Christine Hörbiger, produziert wurde. Die oben abgebildete Barbara (Betty) Fischer kam 1887 in Wien zur Welt und erlangte als Sopran unter dem Spitznamen "Lercherl von Hernals" Bekanntheit in ganz Europa. Sehr oft war sie Bühnenpartnerin von Hubert Marischka, so auch in "Wo die Lerche singt". 1933 musste sie als Jüdin flüchten, kehrte aber 1947 nach Wien zurück, wo sie als Professorin am Konservatorium wirkte. Betty Fischer starb 1969 und wurde am Hernalser Friedhof begraben. Heute erinnert der Betty-Fischer-Weg in Wien-Hernals an sie.
Links:
Eine Verfilmung der Operette "Wo die Lerche singt" (Fremden-Blatt vom 21. Juli 1918)
Heute vor 100 Jahren: Franz Lehar, der ersten Verbündete bei der Allianz von Operette und Film (25. Mai 1918)
Heute vor 100 Jahren: Louise Kartousch, die gefeierte Operettensoubrette (18. April 1918)
Weiterlesen: Betty Fischer – Das Lercherl von Hernals (Tondokument)
Am 22. Juli 1918 berichtete Der Kinobesitzer unter dem Titel "Zukunftssorgen" von den Plänen der ungarischen Regierung, die gesamte Kinobranche, also Kinos und Verleihunternehmen, zu kommunalisieren. Der Gesetzesentwurf mit dem Titel "Ueber die Ordnung des Kinematographenwesens" sah nicht nur die Verstaatlichung des gesamten Kinowesens vor, sondern auch, dass keine neuen Kinolizenzen mehr vergeben und bestehende Lizenzen nach längstens 2 Jahren entschädigungslos eingezogen werden sollten. Als Nutznießer dieser Regelung verdächtigte Der Kinobesitzer nicht näher bezeichnete Bankenkonsortien. In der österreichischen Reichshälfte, in "Cisleithanien", fürchtete man jedenfalls ein mögliches Übergreifen dieser Enteignungspläne der Regierung der ungarischen Reichshälfte, die aus Wiener Sicht gerne "Transleithanien" genannt wurde:
"Daß aber angesichts dieses in Ungarn auf das gesamte Kinowesen geplanten Attentates auch die österreichischen maßgebenden Faktoren zu dieser Frage Stellung zu nehmen sich veranlaßt sehen, ist wohl selbstverständlich, denn für den gottlob nicht zu gewärtigenden Fall, als das Unerhörte in Ungarn doch zur Tat werden sollte, würden die österreichisch-ungarischen Grenzpfähle sicherlich kein wirksames Abwehrmittel gegen ein Uebergreifen dieser Monstrosität darstellen."
Tatsächlich wurde das geplante Gesetz nicht umgesetzt und der Rücktritt des dafür verantwortlichen ungarischen Ministerpräsidenten Alexander Wekerle kommentierte Der Kinobesitzer am 28. Oktober 1918 mit Genugtuung:
"Der Name Wekerles hat also auch in der Kinobranche eine – freilich wenig rühmliche – Berühmtheit erlangt und so ist die Registrierung seines Rücktrittes, der voraussichtlich einem endgültigen Ausscheiden aus der ungarischen Politik gleichkommen wird, gewiß motiviert und erklärlich. Wir wollen ihm also ein politisches 'Requiescat in pace!' zurufen."
Links:
Zukunftssorgen (Der Kinobesitzer vom 22. Juli 1918)
Zur Demission des ungarischen Ministerpräsidenten Dr. Wekerle (Der Kinobesitzer vom 28. Oktober 1918)
Am 23. Juli 1918 erschien im Grazer Tagblatt die eindrucksvolle Schilderung eines der schweren Gewitter, die im Juli 1918 die Steiermark heimsuchten und zu großen wirtschaftlichen Schäden führten. Die Schilderung wurde von einem Leser des Grazer Tagblattes verfasst, der am 18. Juli auf einem Ausflug auf den Schartnerkogel bei Deutschfeistritz vom Unwetter überrascht wurde:
"In den ersten Nachmittagsstunden lastete eine in dieser Höhe seltene Schwüle auf Wald und Flur. Der noch um 2 Uhr blaue Himmel überzog sich mit hellen Wolken. Gegen 4 Uhr verdüsterte sich das Bild, von Norden und Nordwesten schoben sich immer dunklere Wolken über die Spitze des Schartner und senkten sich gegen Deutschfeistritz und Stübing zu ins Tal. Schichte auf Schichte fast schwarzer Wolkenmassen folgten, bis nur mehr die allernächste Umgebung sichtbar war. Ein Blitz, dem ein furchtbarer Donnerschlag folgte, leitete einen minutenlangen Hagelschlag von haselnußgroßen Körnern ein . Dann war es still und gespensterhaft flogen fast weiße Nebelfetzen in die schwarze Wolkenwand. Das mochte eine Viertelstunde gedauert haben, als ein rasender Sturm sich erhob und unter Blitz und Donner, aber fast ohne Regen, ein alles vernichtender Hagel niederging. Die kleinsten Schloßen hatten einen Durchmesser von drei, die größten von über fünf Zentimetern. Dachdecken aus Ziegeln und Schindeln wurden zertrümmert und doppelt gelegte neue Dachpappe bekam Löcher. Fast eine Stunde dauerte dieses furchtbare Konzert entfesselter Naturgewalten, ein schauerlich-schönes Bild. Nachdem Ruhe eingetreten war, besichtigten wir mit den Pächtersleuten die Schäden. Die hoffnungsvolle Ernte war gewesen. Gebrochen, geknickt in den Boden gestampft alle Feldfrüchte, das Gemüse zerschlagen, das unreife Obst auf der mit Ästen und Blättern bedeckten Erde. Manche Bäume sind kahl wie im Herbst. Zum ersten Mal sah ich einen Bauern weinen und sein Weib schluchzen […] Franz Winterleitner heißt der arme Pächter auf dem Schartner bei Deutschfeistritz, der nun im dritten Jahr durch Naturgewalten um den Ertrag seiner mühevollen harten Arbeit gekommen ist."
Heute befindet sich in Stübing am Fuße des Schartnerkogels eines der 10 größten Freilichtmuseen Europas, das historische Hauslandschaften aus den verschiedenen Bundesländern zeigt. 2018 wird dort – nicht ganz unpassend – die Sonderausstellung "Sonne, Blitz und Donnerschlag" gezeigt.
Links:
Auf dem Schartnerkogel während des Unwetters am 18. Juli (Grazer Tagblatt vom 23. Juli 1918)
Heute vor 100 Jahren: Heftige Gewitter in der Steiermark (16. Juli 1918)
Weiterlesen: Freilichtmuseum Stübing
Am 24. Juli 1918 rief die in Villach erscheinende Karnisch-Julische Kriegszeitung dazu auf die Kärntner Seidenbauaktion tatkräftig zu unterstützen:
"Mit besonderer Freude und Genugtuung begrüßen wir die zur Einführung des Seidenbaues in Kärnten erfolgten einleitenden Schritte der maßgebenden Behörden, welche die Kommandierung unseres Kameraden Ing. Jonas (Chemnitz), aus dem Felde nach Klagenfurt bewirkt haben. Dort verfolgt er mit aufopfernder Arbeitsfreudigkeit, Ausdauer und Umsicht sein sich gestecktes Ziel und gründete die von ihm geleitete Kärntner Seidenbauaktion, welche der Kriegsinvalidenschule in Klagenfurt angegliedert wurde. Zur Zeit werden dort rund 300.000 Seidenraupen gezüchtet und wird die Besichtigung dieser sehenswerten Musteranlage mit ihrem Großbetriebe jedermann Wärmstens empfohlen. Da diese Aktion in der denkbar humansten Weise den Nationalreichtum Kärntens zu heben ebenso bestrebt ist, als sie Kriegsfürsorgezwecken dient, wäre die weitgehendste Unterstützung durch die Allgemeinheit sehr zu begrüßen. Allfällige Anfragen und freiwillige Zuwendungen wollen direkt an die Kärntner Seidenbauaktion in Klagenfurt gerichtet werden."
Tatsächlich begann der Ingenieur Jonas-Chemnitz im Jahr 1916 in Klagenfurt mit Seidenzuchtversuchen, für die Kriegsinvalide beschäftigt wurden. Während die Zentrale im Haus Viktringer Ring 3, erster Stock, untergebracht war, fand die Seidenraupenzucht in einer dem "k.u.k. Militärärar" gehörenden Großbaracke statt, die sich an der Ecke Bahnhofstraße und Gabelsbergergasse befand. Das Hauptproblem der hoffnungsfrohen Seidenspinner war allerdings die Herbeischaffung von ausreichend Futter für die Seidenraupen, die auf das Laub von Maulbeerbäumen angewiesen sind. Im Klagenfurter Umland wurden aber während des Kriegs zahlreiche Maulbeerbäume zu Brennholz verarbeitet und hinsichtlich der verbliebenen Maulbeerbäume mussten Ingenieur Jonas-Chemnitz und seine Mitarbeiter Entlaubungsbewilligungen von den jeweiligen Eigentümer einholen.
Nutzbare Maulbeerbaumbestände befanden sich unter anderem entlang der damaligen Laibacherstraße, auch als "Rottauer-Allee" bekannt, heute Rosentalerstraße, auf Höhe der "Kaiser-Franz-Joseph-Arbeiter-Häuser" (Rosentalerstraße 37-39), bei der 2010 teilweise demolierten Waisenhauskaserne, am Gut Freyenthurn, am Gelände der "Schleppe"-Brauerei oder im Garten der evangelischen Kirchengemeinde am Klagenfurter Lendhafen.
Der Versuch im Ersten Weltkrieg heimische Seide zu produzieren, um nicht vom Ausland abhängig zu sein, war einer der letzten in einer Reihe schlussendlich erfolgloser Versuche. Erstmals wurde die Seidenzucht von Kaiserin Maria Theresia propagiert, während der industriellen Revolution Mitte des 19. Jahrhunderts gab es erneute Versuche – die Wiener "Seidengasse" erinnert noch daran. Da sich Anfang des 20. Jahrhunderts rasch Kunstfasern durchsetzten, blieben schließlich auch die Seidenzuchten des Ersten Weltkrieges erfolglos und mussten bald den Betrieb einstellen.
Links:
Seidenbauaktion in Klagenfurt (Karnisch-Julische Kriegszeitung vom 24. Juli)
Seidenbau in Klagenfurt (Freie Stimmen vom 9. Juni 1918)
Weiterlesen: Heimische Seidenzucht: Vielfach versucht, vielfach gescheitert
Am 26. Juli 1918 machte Die Neue Zeitung ihre Leserinnen und Leser auf eine Kundmachung des Wiener Magistrats über die Gehsteigreinigung aufmerksam. Die Eigentümer und Verwalter von Liegenschaften wurden ab sofort dazu verpflichtet Gehsteige entlang der gesamten Länge des jeweiligen Gebäudes täglich zwischen 20 und 22 Uhr zu säubern. Im Sommer mussten sie die Gehsteige zusätzlich auch noch zwischen 7 und 8 Uhr morgens und zwischen 14 und 15 Uhr nachmittags mit Wasser bespritzen und reinigen:
"Bei trockener Witterung sind die Gehwege erst zu bespritzen und sodann zu kehren, damit Staubentwicklung vermieden werde. Bei Frostwetter ist die Bespritzung zu unterlassen […] Bei der Reinigung darf Kot und Kehricht nicht in das Straßenrinnsal gekehrt werden, sondern er ist zu sammeln, im Hause zu hinterlegen und mit dem Hauskehricht zum Kehrichtsammelwagen zu bringen. Wo keine abgegrenzten Bürgersteige bestehen, ist längs der einzelnen Liegenschaften der Weg in einer Breite von Mindestens 1¼ Metern vorschriftsmäßig zu bespritzen und zu reinigen […] Übertretungen dieser Kundmachung werden mit Geldstrafen bis zu 400 Kronen oder Arreststrafen bis zu 14 Tagen geahndet."
Die angedrohten Strafen bei Nichteinhaltung der Kundmachung waren – auch in Anbetracht der damals üblichen Gehälter (ab einem Jahresgehalt in der Höhe von 2.000,- Kronen unterlag man der Einkommenssteuer) – durchaus hoch. 400 Kronen entsprachen trotz der galoppierenden Inflation 1918 etwa 250,- Euro, der Vorkriegswert lag sogar bei 2.200,- Euro.
Die in der Kundmachung genannten Kehrrichtwägen wurden von Privatunternehmern – umgangssprachlich als "Mistbauern" bezeichnet – betrieben und blieben in Wien bis 1927 im Einsatz, als sie durch das hygienischere "Colonia System" ersetzt wurden.
Links:
Reinigung der Gehwege (Die Neue Zeitung vom 26. Juli 1918)
Weiterlesen: Geschichte der Wiener Straßenreinigung
Der 26. Juli war früher ein ganz besonderer Festtag – man feierte das Annenfest zu Ehren der Heiligen Anna. Sie war die Mutter Marias und Schutzpatronin der Ehefrauen, diverser Handwerksleute wie Weber, Schneider oder Tischler und Beschützerin der Armen. Der Annatag am 26. Juli war bis in das späte 18. Jahrhundert ein offizieller Feiertag und auch später fanden am Annentag noch umfangreiche Feierlichkeiten statt. Das Fest wurde in verschiedenen Städten der Monarchie begangen, und wurde in Wien besonders freudig begangen.
Begleitet wurde das Fest in Wien von einem Rahmenprogramm, das aus einem seit 1776 jährlich veranstaltetem Feuerwerk im Prater, aus Tanzveranstaltungen, sogenannten "Annabällen", und einer beliebten Schönheitskonkurrenz am Kahlenberg bestand, über deren Siegerinnen in den Wiener Zeitungen Bildberichte erschienen. Bekannte Komponisten, wie Mozart, Johann Strauß Vater und Sohn oder Joseph Lanner komponierten für den Annentag eigene Musikstücke. Mozart, dessen Schwester Anna hieß, widmete seine Oper "Entführung aus dem Serail" allen "Nannerln zu Ehren mit allem Applaus." Im letzten Kriegsjahr fielen die Feierlichkeiten aber weniger pompös aus. Das Neuigkeits-Welt-Blatt berichtete:
"Wieviel Festesfreude löste er doch in der Friedenszeit im 'alten' Wien aus, in so vielen gemütlichen Heimen und bei der Annenfeier – mit Schönheitskonkurrenz – auf dem Kahlenberg und andernorts! Vorüber, vorüber… Jetzt, wo im ausgehenden Kriegsjahr Sorge und Entbehrung aller Art tyrannischer Hausregent ist, bleibt für den Großteil der Bevölkerung keine Zeit, an freudige Überraschungen für 'Annerln' zu denken; höchstens bei den Kriegsgewinnern wird so etwas wie eine Annenfeier zu finden sein, freilich nicht in alter behaglicher Wiener Weise, sondern knallprotzig 'großartig'. Für die sonstigen Wiener aber gibts keine 'Annen-Torten' beim Zuckerbäcker, der nicht einmal mehr Torten-Ersatz um sündteures Geld herzustellen vermag, und manchem 'Annerl' wäre es schon ein willkommenes Geschenk, ein paar Kilo Frühkartoffeln vor die in Kriegsschuhen steckenden Füßchen gelegt zu bekommen."
Nach einem kurzen Wiederaufleben des Annentags in den 1930er Jahren, ist er heute nahezu komplett verschwunden. Lediglich in Kirchen, die der heiligen Anna gewidmet sind, wird der Tag nach wie vor als Feiertag begangen.
Links:
Annatag (Neuigkeits-Welt-Blatt vom 26. Juli 1918)
Weiterlesen: Annenfest in Wien
Während des Ersten Weltkrieges wurden sogenannte Kriegsgräber-Ausstellungen in Österreich veranstaltet. In Innsbruck wurde eine solche Ausstellung am 27. Juli 1918 eröffnet und war ab Mittag für die Öffentlichkeit zugänglich:
"Die Ausstellung gibt von allen Schlachtfeldern in den Alpenländern und im Küstenland, in den Karpathen, in Galizien und Russland, in Serbien und Montenegro Beispiele von Grab- und Friedhofanlagen für die gefallenen Kämpfer. Schon an der Außenseite des Akademiegebäudes, dessen efeuumsponnenes gotisches Gemäuer einen wunderbar passenden, freundlich-weihevollen Hintergrund abgibt, wird durch die dort aufgestellten hölzernen, schmiedeeisernen und steinernen Grabmäler in den verschiedensten Originaltypen die Stimmung unaufdringlich vorbereitet für die eigentliche Ausstellung, die in den Innenräumen schon im Stiegenhause und in den Gewölben der weiten Korridore ihre Vorläufer hat in Gestalt von Künstlerhand gezeichneter oder gemalter kleinerer und größerer Bilder oder photographischer Aufnahmen […] Für uns Tiroler ist natürlich die Abteilung 'Tirol im Weltkrieg' besonders anziehend. Sie ist in der Aula der Akademie gut untergebracht und stellt in der Mannigfaltigkeit und Qualität ihrer Objekte eine kleine Kunstausstellung für sich dar […] Wir begegnen wieder dem Meister Egger-Lienz, der mit zwei kleineren, noch unbekannten Gemälden vertreten ist, dann auch den Namen Hugo Grimm, A. Walde, A. Plattner etc."
Der Frage nach dem Zweck der Ausstellung gingen die Innsbrucker Nachrichten bereits am 24. Juli nach:
"Die Ausstellung soll in erster Linie zeigen, in welcher Weise durch die österreichisch-ungarische Heeresverwaltung für die Bestattung und Ehrung der im Felde gefallenen oder im Kriegsbereiche gestorbenen Krieger gesorgt wird. Sie soll aber auch die Grabstätten der in der Heimat verstorbenen Soldaten, sowie alle Arten von Kriegerehrungen, die in Stadt und Land bereitet werden, dem Beschauer aufzeigen Richtung gebende, künstlerische Lösungen vorführen. Nicht bestimmte Formen und Entwürfe sollen propagiert werden; das Hauptziel ist für eine strenge künstlerische Gestattung, für Sachlichkeit und Einfachheit das Verständnis im Volke zu wecken oder zu stärken."
Der Erste Weltkrieg war ein brutaler Krieg, in dem das Massensterben an der Front alltäglich war – An manchen Frontabschnitten starben in einer Schlacht oft mehr Soldaten, als früher in einem einzigen Feldzug. Das Heer stand vor dem Problem innerhalb kürzester Zeit eine große Anzahl gefallener Soldaten bestatten zu müssen, was zumeist noch am Schlachtfeld selbst geschah. Für die Kriegsgräberfürsorge wurde 1915 vom k.u.k. Militärkommando Krakau eine eigene Abteilung eingerichtet.
Links:
Kriegsgräberausstellung in Innsbruck (Innsbrucker Nachrichten vom 27. Juli 1918)
Der Zweck der Kriegsgräber-Ausstellung in Innsbruck (Innsbrucker Nachrichten vom 24. Juli 1918)
Die Neue Freie Presse berichtete am 28. Juli 1918 von einer Resolution des Wiener israelitischen Kultusvorstands über den immer salonfähiger werdenden Antisemitismus. Die Resolution wurde von rund 300 Kultusgemeinden in ganz Österreich unterstützt, um später den "staatlichen Zentralstellen" übergeben zu werden:
"Gegenüber den in den antisemitischen Versammlungen und in der antisemitischen Presse wider die Juden im allgemeinen vorgebrachten unwahren, erdichteten und entstellten Anwürfen sieht sich die österreichische Judenschaft veranlaßt nachdrücklich festzustellen:
1. Die österreichische Judenschaft in ihrer Gesamtheit hat in diesem Kriege bisher gleich allen anderen vaterlands- und kaisertreuen Bürgern dieses Staates bedingungslos und uneingeschränkt Gut und Blut geopfert; […]
2. Sie hat in ihrer Masse durch die kriegerischen Verhältnisse materiell ungleich mehr gelitten als andere Bevölkerungskreise; aber auch ihre seelischen Leiden waren unverhältnismäßig größer […]
3. Kriegsgewinne wurden von Nichtjuden in höherem Maße erzielt als von Juden; anderseits erreicht die Summe aller Verfehlungen, deren einzelne Juden sich schuldig gemacht haben, nicht im entferntesten im Verhältnis die Summe jener Verfehlungen, deren Nichtjuden überführt wurden […]
4. Die Judenschaft Oesterreichs hat es stets in tiefwurzelnder Liebe und Treue zum Vaterlande als ihre heiligste Pflicht angesehen, alles zu unterlassen, was die Ruhe und den Frieden im Innern des Reiches zu stören geeignet wäre; […]
5. Die Judenschaft hält es unter ihrer Würde, sich gegen die bewußt lügnerischen Anschuldigungen zur Wehre zu setzen, welche die Juden in einem Zusammenhang mit den unsinnigen, widerwärtigen Gerüchten der letzten Zeit bringen wollen. […] Sie erblickt eine schwere Gefahr für den Staat darin, daß durch die gewissenlosen Hetzer in öffentlichen Versammlungen gleichzeitig mit Loyalitätskundgebungen aufreizende Kundgebungen gegen die Juden veranstaltet werden, daß hiedurch vor einer irregeleiteten Bevölkerung Kaisertreue und Judenhaß identifiziert und die dynastischen Gefühle auf das schmählichste profaniert werden.
6. Die österreichische Judenschaft hält es für ihre patriotische Pflicht, in dieser schweren, für die Zukunft der Staaten entscheidenden Zeit den Lenkern unseres Staatswesens die Lehren der Geschichte in Erinnerung zu rufen, daß überall, in jedem Lande, die hemmungslose Duldung von Aufreizungen zum Hasse gegen eine bestimmte Nationalität oder Konfession in ihrer äußersten Konsequenz sich immer an dem Staatsganzen gerächt hat. […]
7. Die Judenschaft Oesterreichs lehnt jede Verantwortung für die bei weiterer Duldung dieser Verhetzungen gegen die Juden unausbleiblichen Folgen ab […]"
Links:
Eine Resolution des Wiener Kultusvorstandes (Neue Freie Presse vom 28. Juli)
Heute vor 100 Jahren: Der Fall Leopold Hilsner (3. April 1918)
Weiterlesen: Antisemitismus von Schönerer bis Hitler (Zeitgeschichte Informationssystem der Universität Innsbruck)
Weiterlesen: Judenpogrome in Südmähren (Wiener Allgemeine Zeitung vom 16. November 1918)
Am 29. Juli 1918 erschien im Grazer Tagblatt der Bericht über die Hauptversammlung der Sektion Eisenkappel/Železna Kapla des Österreichischen Touristenklubs (ÖTK), der bis heute unter dem Namen ÖTK-Sektion Südkärnten besteht. Diskutiert wurde unter anderem über die finanzielle Lage der Sektion, die letztendlich als gesichert betrachtet wurde, über die Abgrenzung gegenüber dem Arbeitsgebiet des konkurrierenden "Alpenvereinsgaues Karawanken" und einiges mehr:
"Es wurde beschlossen, die Bilder der drei bisherigen Obmänner der Sektion (Bergdirektor Rieger, Kais. Rat Raimund Prugger und Finanzrat Robert Prugger) im Gastzimmer des Rainerschutzhauses anzubringen […] Die Schaffung eines Ortsmuseums soll durch eine Sammlung von Landschaftsaufnahmen aus der Umgebung eingeleitet werden."
Der Österreichische Touristenklub wurde 1875 in Wien gegründet; bereits 2 Jahre später entstand die eine Sektion des ÖTK in Eisenkappel. Das erste Schutzhaus dieser Sektion entstand in einem ehemaligen Knappenhaus, das Viktor von Rainer nach Auflassung des Bleibergbaus am Hochobir dem ÖTK übertrug. In dem in der ganzen Monarchie im Jahr 1908 festlich begangenen 60. Regierungsjubiläums Kaiser Franz Josephs wurde die Hütte, die bereits über eine Telefonleitung ins Tal verfügte, aufgestockt und ausgebaut. Das Rainer-Schutzhaus fiel allerdings 1944 im Zuge der Kämpfe des Zweiten Weltkriegs einem Brandanschlag zum Opfer. Die Ruine, die bis heute gut sichtbar ist, befindet sich nach wie vor im Besitz des ÖTK.
Mit dem Bau der neuen Eisenkappler Hütte wurde 1951 begonnen. Musste damals das Baumaterial mühsam auf den Berg getragen werden, erreicht man die Hütte heute bequem über eine mautpflichtige Straße. Von dort dauert die Wanderung auf den Gipfel des Hochobir – vorbei an den Ruinen des ehemaligen Rainer-Schutzhauses – etwa 2 Stunden.
Links:
Eisenkappel, 26. Juli (Hauptversammlung der Touristenklub-Sektion) (Grazer Tagblatt vom 29. Juli 1918) Zwei Kärntner Ausflüge (Der Naturfreund, Jahrgang 1911, S. 133)
Weiterlesen: Geschichte der ÖTK-Sektion Südkärnten
Vom "militärischen Sportfest" auf der Wiener Hohen Warte an dem regnerischen Sonntag des 28. Juli 1918 berichtete am 30. Juli das Neuigkeits-Welt-Blatt. Auf der Wiener Hohen Warte traten unter dem Protektorat des damaligen k.k. Landesverteidigungsministers General Karl Czapp von Birkenstetten150 militärische Einheiten gegeneinander an, darunter das "Schwere Feldartillerieregiment Nr. 32", das "Dragonerregiment Nr. 3" oder die Militärakademie Mödling. Der Höhepunkt des Sportfestes war das Fussballwettspiel zwischen den "Deutschmeistern" (Infanterie-Regiment Hoch- und Deutschmeister Nr. 4) und den "Einserschützen" (Schützenregiment Wien Nr. 1). Davor standen allerdings verschiedene leichtathletische Wettkämpfe am Programm, von denen einige vom Krieg inspiriert waren:
"Nicht nur draußen im Etappenraum und knapp hinter der Front, sondern auch auf dem Boden der engeren Heimat pflegen unsere wackeren Krieger, ermuntert durch sportbegeisterte Offiziere, eifrig Fußball und Leichtathletik als ernsten Sport, nicht etwa nur zur Zerstreuung, sondern als wertvolle Leibesübung. […] Es gab u.a. auch ein Handgranatenwerfen als Leichtathletiksport zu sehen. Die Schlußnummern des reichen Programmes bildeten eine Kriegshunde-Vorführung und ein Fußball-Wettspiel, bei dem die Mannschaft der Schützen die ihrer Kameraden im Feld mit 6:1 schlug, trotz trefflichem Spiel der Deutschmeister."
Im abschließenden Fußballspiel kamen in beiden militärischen Mannschaften zahlreiche Spieler der damaligen Spitzenvereine zum Einsatz. Die – wie die Arbeiterzeitung schrieb – "länderspielmäßig" besetzte Verteidigung der Einserschützen gab letztendlich wohl den Ausschlag für den klaren Sieg der "Einserschützen".
Links:
Deutschmeister und Einserschützen in sportlichem Wettstreit (Neuigkeits-Welt-Blatt vom 30. Juli 1918)
Spielbericht: Einserschützen-Deutschmeister (Arbeiterzeitung vom 29. Juli 1918)